Der strenggläubige Christ steckte genauso in Johnny Cash wie der gebrochene Mann und Junkie, der dem Teufel sprichwörtlich von der Schippe gefallen ist. So glaubwürdig und fromm, wie er Gospels zu interpretierten wusste, so packend provozierte er in anderen Songs mit Gangstergeschichten.
Das Image des frommen Outlaws schien jedoch ausgedient, als mit den 80er-Jahren die Dekade des synthetischen Pops eingeläutet wurde. Die Pop-Welle hatte auch einen gewissen Einfluss auf die Country-Szene: Gefragt waren junge, poppigere Künstler. Johnny Cash fand seine Nische nicht, verlor das Vertrauen seines Labels und damit seinen Plattenvertrag.
Das verloren geglaubte Album
Die Aufnahmen zum Album «Out Among The Stars» entstanden in der ersten Hälfte der 80er-Jahre. Johnny Cash hatte gerade eine Entziehungskur wegen seiner Pillensucht hinter sich, strotzte vor Kraft und steckte diese in seine Musik. Trotzdem verschwand «Out Among The Stars» im Tresor der Plattenfirma.
Vor zwei Jahren entdeckte Cashs Sohn John Carter Cash die Songs im riesigen Fundus seiner Eltern. Der Beschluss, diese Songs nun offiziell zu veröffentlichen, ist nachvollziehbar und hat glücklicherweise wenig mit purer Geldmacherei zu tun.
Der Reiz des neuen Albums liegt in den Duetten
Johnny Cashs beste Alben entstanden mit Sicherheit vor und nach den 80er-Jahren. Man erinnere sich schon nur an die brillanten Live-Alben «At Folsom Prison» und «At San Quentin», welche Cash an Konzerten in Gefängnissen aufgenommen hat. Oder die «American Recordings», die Album-Serie, welche er ab Mitte der 90er-Jahre zusammen mit Starproduzent Rick Rubin einspielte.
An diese Meisterwerke kommt das nun veröffentlichte Album «Out Among The Stars» nicht heran. Trotzdem hat das Werk seinen Reiz: Dieser liegt ganz besonders in den zwei Duetten, die Cash mit seiner grossen Liebe June Carter eingesungen hat. Den Songs «Baby Ride Easy» und «Don’t You Think It’s Come Our Time» hört man die tiefe Verbundenheit an, welche diese zwei Menschen und Stimmen füreinander empfanden. Cash brauchte seine Musik so sehr, wie er seine June brauchte.