Gotthard steht nicht nur für den Bergpass und Tunnel. Des umgedrehten Ts im Logo wegen liest sich der Bandname auf Englisch «Got hard». Heisst so viel wie: einen Ständer kriegen.
Schlüpfrig. Nun, die Jungs waren gerade Anfang 20, als sie die Band in den 1990er-Jahren im Tessin gründeten. Würden sie das heute noch so machen? «Klar. No regrets», schmunzelt Gitarrist Leo Leoni. «Ich würde es noch verreckter machen.»
Schweizer Erfolgsgeschichte
Man mag von Gotthard halten, was man will. «Kennen tut sie beinahe jede und jeder», sagt SRF-Musikredaktor Dano Tamásy. «Heaven» tönte in den frühen 2000er-Jahren aus jeder Dorfdisco, die meisten wissen um den tragischen Tod des Sängers Steve Lee im Jahr 2010.
Abgesehen von ihrem Erstling hat es jedes Album der Tessiner Band auf Platz 1 der Schweizer Charts geschafft. Und die Bandgeschichte geht mit ihrem neuesten Album «Stereo Crush» weiter.
Gross, grösser, Gotthard
Gotthard ist eine Institution. Eine Band, die es über die Landesgrenze hinausgeschafft hat. Gegründet wurde sie 1990 von Leo Leoni, Fabian Rose, Steve Lee und Marc Lynn. Damals noch als «Krak».
Ein Türöffner war Krokus-Mitglied Chris von Rohr. Er brachte die Tessiner Band in die USA, wo sie ein Album aufnahmen. Von Rohr wurde fortan zu ihrem Mentor und bestand auch auf den Bandnamen. Es folgten internationale Touren. Viele neue Fans kamen dazu – die meisten mit den softeren Songs.
Die Band bewegte sich immer weiter weg vom Hardrock und hin zum Kommerz. Der Höhepunkt war fast der Kipppunkt: Die Band war wegen der musikalischen Richtung zerstritten. Sie brach mit dem Produzenten von Rohr. 2010 verlor Gotthard dann ihr Aushängeschild Steve Lee, der auf einer Motorrad-Tour durch die USA verunglückte.
Nach dieser Zäsur gab es drei Möglichkeiten: aufhören, sich komplett neu erfinden oder ähnlich weitermachen wie bisher. Gotthard wählte Option drei.
Auf Altbewährtes setzen
Deshalb suchten sie einen neuen Frontmann. Es war nicht unumstritten, dass sich die Band 2011 den Schweiz-Australier Nic Maeder als Sänger ins Team holte. Steve Lee: unersetzlich?
Weitermachen wie immer: Das scheint Gotthards grösstes Erfolgsrezept zu sein. «Bei Gotthard weiss man, was man kriegt», sagt Dano Tamásy. Das Albumcover und der Look. Alles ziemlich wie damals. «Gotthard ist sich im Kern treu geblieben – und das wird goutiert», so Tamásy.
Ob lange Haare Pflicht seien bei Gotthard? «Bei mir steht das nicht im Vertrag», witzelt Nic Maeder. Doch Leoni erzählt stolz, dass er immer an seinen langen Haaren festhielt. Sogar im Militär. Er gewann einen Prozess, weil er sich weigerte, seine Mähne abzuschneiden.
Die alte Hardrock-Flamme brennt
Ob die Alt-Rocker heute viele neue Fans dazu gewinnen? Unklar. «Zu unseren Konzerten kommt der Grossvater, mit dem Vater und der Tochter», so die Band. Bloss, wer in der ersten Reihe stehe, ändere sich.
Diesen Sommer tourt Gotthard durch die Schweiz, Deutschland, Österreich, Italien und Spanien. «Sie könnten auch ohne neues Album touren», so Tamásy. Unbestreitbar, dass Nostalgie ein wichtiger Faktor ist.
Bald feiert Gründungsmitglied Leo Leoni seinen 59. Geburtstag. Wie jedes Jahr kauft er sich eine neue Gitarre. «Tief im Inneren bin ich noch immer ein kleiner Junge, der Rock'n'Roll liebt und das auch weiterhin tun wird, solange das Feuer brennt.»