Ein Albtraum: Mitten in der Arie versagt der Operndiva die Stimme. Auf offener Opernbühne in Puccinis «Madama Butterfly». Das Orchester will schon abbrechen. Die Vorstellung wäre ruiniert. Da erklingt vom Balkon eine wunderschöne Stimme. Sie gehört der Garderobenfrau Nele. Die Arie geht weiter. Vorstellung gerettet.
Es ist eine Szene im Film «Orphea in Love» von Axel Ranisch – die besagte Operndiva spielt die Schweizer Schauspielerin Ursina Lardi. Nein, selbst sei sie keine Sängerin, sagt Lardi im Interview. Die Singstimme ertönte bei den Aufnahmen Playback. «In der Vorbereitung habe ich diese Aufnahme immer wieder gehört.» Nicht nur den Text und die Tonlängen mussten da stimmen. «Ich habe diese Arien so gelernt, dass sie wirklich ‹auf Lippe› herüberkommen», sagt Lardi.
Diven sind eigentlich göttliche Wesen
In «Orphea in Love» spielt sie die Diva Adina Nicoletta – aber ist ihre Diva eine mit allen Tücken und Launen? «Der Begriff ist heute negativ konnotiert», sagt Lardi, «das ist schade. Denn er heisst ja einfach: die Göttliche.» Jede Diva sei anders, heute sowieso. Die Figur der Adina Nicoletta sei eher ordinär, obwohl sie eigentlich eine prächtige Stimme hätte. «Man würde sie eher in einem Nachtclub vermuten», sagt Lardi.
Der Agent von Adina Nicoletta, ein zwielichtiger Typ namens Höllbach, wird auf die grossartige Stimme der Garderobenfrau Nele aufmerksam und bietet ihr einen teuflischen Deal an. Schliesslich verkauft Nele ihre Stimme an die Operndiva. Damit sind zwei Handlungsfäden miteinander verwoben.
Die «Orphea in Love» ist das Pendant zum Sänger Orpheus, der seiner geliebten Eurydike in die Unterwelt folgt, um sie von dort wegzuholen. Ein Stoff, den der Komponist Claudio Monteverdi bereits 1607 in einer frühen Oper vertont hatte. Der Höllendeal wiederum spielt auf die romantische Oper «Der Freischütz» an von Carl Maria von Weber.
Weber, Monteverdi, dazu Musik von Gluck oder Wagner durchziehen den Film. Eine Opernverfilmung ist es nicht, aber ein klassischer Spielfilm auch nicht. «Ich wollte einfach meine Lieblingsmusik und das, was Oper für mich bedeutet, in eine andere Form giessen», so Regisseur Axel Ranisch.
Das ist ihm hervorragend gelungen. Der Film befindet sich genau in der Schwebe zwischen Märchen und Alltag. Zwischen Opernfantasie und Grossstadtrealismus. «Orphea in Love» ist dabei auch so etwas wie eine Aschenputtelgeschichte: Eine Verzauberung trister Existenzen durch Musik und Liebe.