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Lucerne Festival Patricia Kopatchinskaja steckt mit musikalischer Neugier an

Die Geigerin Patricia Kopatchinskaja hat für das Lucerne Festival ein ungewöhnliches Programm zusammengestellt.

«Die Identität eines Künstlers ist das Stück, das er spielt», sagt Patricia Kopatchinskaja. Das ist auch ein Grund, weshalb die Geigerin ihr Publikum dermassen in ihren Bann zieht. Selbst wenn sie Musik spielt, die nicht einfach zugänglich ist.

Platz für moderne Musik

Patricia Kopatchinskaja ist «artiste étoile» am Lucerne Festival. Die Geigerin hat also eine künstlerische Carte blanche bekommen. Auffallend beim Programm, das sie für Luzern zusammengestellt hat: Die moderne Musik erhält viel Platz.

Das ist typisch für sie. Musikmachen findet bei Kopatchinskaja immer im Hier und Jetzt statt. Spielt sie bekannte Klassiker wie Beethoven oder Sibelius, bürstet sie gegen den Strich, damit die Stücke wieder eine erregende Frische erhalten. Oder sie geht direkt über zu neuer, also an sich schon frischer Musik.

Audio
Kopatchinskaja über Holliger: «Er hört jeden Ton»
00:21 min
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Freude über neue Klänge

Kopatchinskaja spielte die aphoristischen Stücke von György Kurtàg und schlug das Publikum in ihren Bann beim Erzählen der abstrakten Musik-Kurzgeschichten. Sie spielte das horrend schwierige und komplexe Violinkonzert von György Ligeti aus dem Jahr 1992. Das Publikum bedankte sich mit Standing Ovations.

Das ist alles andere als selbstverständlich bei solchen Werken. Doch Kopatchinskaja ist eine geborene Musikvermittlerin, gerade bei neuer und neuster Musik. Sie steckt uns an mit ihrer Neugier. Sie teilt ihre Freude über die neu entdeckten Klänge mit uns.

Die Musikvermittlerin

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Die verspielte Geigerin

Mit höchster Konzentration steht sie auf der Konzertbühne, bereit sich in das bevorstehende Abenteuer zu stürzen. Wie der Prototyp eines «Homo ludens», eines spielenden Menschen, der komplett in sein Tun versunken ist. Und wie schon als Kind, wenn wir anderen Kindern beim Spielen zuschauten, werden wir davon berührt und eingeladen, innerlich selber mitzuspielen.

Ein Höhepunkt der ziemlich ungewöhnlichen Programme Kopatchinskajas in Luzern: Die Aufführung von Heinz Holligers Violinkonzert. Das Stück geht während einer Dreiviertelstunde technisch und musikalisch bis an die Grenzen. Oder sogar darüber hinaus?

«Seit ich dieses Stück lerne, kann ich nicht mehr ruhig schlafen», sagt die Geigerin. Das Stück sei ein harter Brocken, meint sie. Es gehe über das Menschliche hinaus.

Bilder, die schockieren

Der Anlass für Heinz Holligers Violinkonzert ist eine Hommage an den Künstler Louis Soutter. Der Schweizer Maler lebte und arbeitete «an der Grenze». Er litt unter Depressionen und wurde mit 52 Jahren gegen seinen Willen ins Altersheim gesteckt.

Soutters Bilder wirken roh und ungekünstelt – und sie schockieren. Eine «Art brut» aus einer Zeit, als es diese Bezeichnung noch nicht gab. «Trauer», «Obsession» und «Schatten» heissen die ersten drei Sätze übersetzt, der vierte ist gemäss Holliger «ein Klang gewordenes völliges Schwarz».

An der Musik zerbrechen

Und Patricia Kopatchinskaja? «Ich finde es notwendig, in die Musik so reinzugehen, dass man sich selbst verliert und nicht mehr weiss, wer man ist», sagt sie. Bei diesem Konzert, in dem Welten zerbrechen, gehe es auch darum, dass auch sie an ihm zerbreche – wenn man so wolle.

Wie sie es schafft, uns das spüren zu lassen und dennoch selber heil zu bleiben: Das freilich bleibt das Geheimnis dieser Künstlerin.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Weltklasse auf SRF 2 Kultur, 31.8.2017, 20 Uhr.

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