Ob Taylor Swift eine Feministin ist? Darüber ist man sich nicht einig. Erst recht nicht in Zeiten, in der jedes Leitbild einer Kantonalbank sich einen feministischen Anstrich gibt.
«Klar ist, dass Swift sich nichts bieten lässt», erklärt die Kulturjournalistin Jenni Zylka. Für Aufsehen sorgte zum Beispiel Swifts Entscheid, sich mit Scooter Braun anzulegen, einem der mächtigsten Musikbosse.
Sie lässt den grössten Musikboss alt aussehen
Der kaufte 2019 die Rechte an Swifts Musikaufnahmen. Das war möglich, weil sie im Alter von 15 Jahren eine Art Knebelvertrag unterschrieben hatte. Die beiden verbindet also eine lange Fehde.
Swift bezeichnet Braun als «manipulativen Tyrannen». Er habe sie gedemütigt und gemobbt. Dass nun ausgerechnet dieser Typ mit ihrer Musik Geld verdient, beschrieb Swift als Katastrophe. Und sie entscheidet sich für einen cleveren Schachzug, von dem manche behaupten, er verändere die Strukturen im Musikbusiness. Swift spielt ihre sechs Alben nochmals neu ein, mit dem einzigen Zusatz im Titel «Taylor’s Version».
Die Rechnung geht auf: Die alten, neu eingespielten Alben schaffen es sofort wieder in die Charts. Die ursprünglichen Aufnahmen werden deutlich weniger gestreamt – für Scooter Braun ein Rückschlag.
«Von den Harmlosen die Aktivste»
Ist das der Schachzug einer besonders kämpferischen Frau, die Wert auf Selbstbestimmung legt? Oder einer Frau, die vor allem auf den eigenen Vorteil aus ist?
Taylor Swift bleibt in klassischen Normen verhaftet. Richtig unbequem ist sie nicht.
Wer Swift als feministisches Vorbild sehen will, betont Ersteres. Wer sie nicht mag und vielleicht ein Problem mit erfolgreichen Frauen hat, betont Letzteres.
«Die schieren Fakten ihres Erfolgs sprechen für eine Emanzipationsgeschichte» so Jenni Zylka. Aber die Kulturjournalistin relativiert: «Trotzdem bleibt Swift in den klassischen Normen verhaftet. Sie ist zwar von den Harmlosen die Aktivste, aber richtig unbequem ist sie nicht.»
Vorbild nur für weisse Frauen?
Damit steht sie im Gegensatz zu Musikerinnen wie Beyoncé. «Als Afroamerikanerin steht Beyoncé in den USA für eine ganz andere Geschichte. Plump ausgedrückt: Beyoncé hat 400 Jahre Sklaverei im Gepäck und stellt kritische Fragen. Sie steht für eine völlig andere Perspektive auf die Welt und auch auf feministische Anliegen», so Kulturredakteur Karl Fluch vom «Standard».
Taylor Swift spricht vor allem weisse Frauen und deren Erfahrungen an.
Trotzdem ist Swift für viele Frauen eine Gallionsfigur. Auch, weil sie eine erfolgreiche Businessfrau ist und über die Erfahrungen von Frauen in einer misogynen Welt singt. «Aber sie spricht vor allem weisse Frauen und deren Erfahrungen an. Das hört man immer wieder von Latinas oder Afroamerikanerinnen», erklärt Karl Fluch.
Swifts Wort hat Gewicht
Nach vielen Jahren des Schweigens äussert sich die Musikerin seit einigen Jahren gesellschaftspolitisch. Sie macht das aber nie agitierend, sondern konsequent empathisch und schafft es damit, Millionen von Menschen mit feministischen Themen in Berührung zu bringen. Wenn Swift sich zu Wort meldet, schlägt das hohe Wellen.
Und dabei lässt ausgerechnet die harmlose Swift Trump zittern. Er befürchtet, dass sie sich in den Wahlkampf einmischt und besonders junge Frauen für die Wahl mobilisieren kann. Auch wenn darüber gestritten wird, ob Taylor Swift nun eine Feministin ist oder nicht. Unbestritten ist wohl, dass Trump der Antifeminist schlecht hin ist.
Und was ist jemand, der einem Antifeministen das Fürchten lehrt?