«Durch das, was unser Vater uns angetan hat, hat er uns verdammt stark gemacht. Er hat uns verdammt interessant gemacht», erzählt M.I.A. im Film-Porträt «Matangi / Maya / M.I.A». Ihr Vater kämpfte an vorderster Front gegen die Unterdrückung und für die Unabhängigkeit der tamilischen Bevölkerung auf Sri Lanka.
In ihrer Kindheit sieht Mathangi «Maya» Arulpragasam ihren Vater kaum. Sri Lanka steht gerade am Anfang eines schrecklichen Bürgerkriegs, der über ein Vierteljahrhundert dauern wird. Mitte der 1980er-Jahre flüchtet die damals zehnjährige Mathangi mit ihrer Mutter nach London.
Kunst und Kampf
Fasziniert von der tamilischen Unabhängigkeitsbewegung LTTE («Liberation Tigers of Tamil Eelam»), wird M.I.A. im Exil zur Kämpferin auf ihre Art. Kunst ist ihre Waffe. Bilder ihre Sprache. Dann kommt die Musik. Und damit der Rap.
Es gibt kein besseres Genre, um musikalisch gegen die Ungerechtigkeiten der Welt zu schiessen, als Hip-Hop. M.I.A. spickt die Beats zu ihren sprechgesanglichen Kampfansagen mit attraktiven World-, Dance- und Elektropop-Elementen und findet schnell ein Publikum.
Superstar und Aktivistin
M.I.A. nutzt ihre wachsende Popularität, um auf die schlimme Kriegsrealität in ihrem Heimatland aufmerksam zu machen. Dass Popstars, die sich politisch engagieren, schlecht ins Showbusiness passen, macht ihr zwar zu schaffen, steigert aber ihre Relevanz als Künstlerin.
Demonstrativ hält M.I.A. den Finger auf Missstände, Ungerechtigkeiten und Menschenrechtsverletzungen. Dabei richtet sie die Kamera oft auf sich, was hin und wieder zu Kontroversen führt.
Das Fragezeichen hinter dem Ausrufezeichen
Das Engagement der Aktivistin und Musikerin ist beachtlich. Verwirrung und Fragezeichen in Bezug auf gewisse Stunts oder Äusserungen bleiben dabei aber nicht aus. So stiess M.I.A. kürzlich ihre Twitter-Gemeinde mit der Verbreitung einer Verschwörungstheorie zur Covid-19-Pandemie vor den Kopf.
Ein grosses Fragezeichen steht auch hinter dem Deal, den sie vor vier Jahren mit dem Modelabel H&M eingegangen ist. Eine Zusammenarbeit, die schlicht und einfach schlecht vereinbar ist mit dem Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen.
Vom Flüchtlingskind zum Superstar
Der rote Faden in M.I.A.s Leben ist die Spuren- und Identitätssuche. Die Betrachtung ihres Weges. Der Umgang mit der Entwicklung ihrer Person. Der Weg vom Flüchtlingskind zum internationalen Superstar. Der Balanceakt zwischen politischem Aktivismus und der Oberflächlichkeit des Showbusiness.
Ein schwieriger Spagat. Ein Kunststück, das nur wenige Künstler und Künstlerinnen erfolgreich aufzuführen wissen. M.I.A. ist keine Diplomatin, sie ist eine Kämpferin. Und zwar eine, die ihren Kampf zu inszenieren weiss. Auch davon erzählt der Film «Matangi / Maya / M.I.A».