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Lou Reed, mit Suzanne Zahnd
Aus Jazz Collection vom 21.03.2017. Bild: Keystone
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Rock-Legende und Punk-Pionier Lou Reed war fast immer seiner Zeit voraus

Lou Reed hatte eine Vorliebe für das Abgründige und Avantgardistische. Heute wäre er 80 Jahre alt. Wir blicken zurück auf sechs Stationen eines Lebens voller neuer Entwürfe.

Wer kennt sie nicht, die ersten Takte von «Walk on the Wild Side»? Mit diesem Song hat sich Lou Reed schon in den 1970er-Jahren unsterblich gemacht. Mit einem Text, der mit seinen vielen sexuellen Anspielungen der damaligen Zeit weit voraus war.

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Auschnitt: Das Intro
aus Jazz Collection vom 21.03.2017.
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Was dieser Riesen-Hit manchmal vergessen lässt: Lou Reed war in vielerlei Hinsicht progressiv: Er deutete quasi ständig aus einer künstlerischen Zukunft in die Gegenwart – gerne auch mit dem Mittelfinger.

Alte Lyrics mit aktuellen Themen

Lou Reeds Texte sind häufig voll von Homosexuellen, Transmenschen, Fetischisten und Prostituierten. Er hatte nie Hemmungen, auf die Doppelmoral der prüden US-amerikanischen Bürger zu zeigen und ihre geheimen Wünsche anzusprechen.

Lou Reed bei einem Konzert 1973 in Paris.
Legende: Auch modisch scheute er keine Provokation. Hier bei einem Auftritt 1973 in Paris. IMAGO/ZUMA Wire/Philippe Gras

Und das in den 1960er und 1970er-Jahren. Also in einer Zeit, in der in den USA Sodomie (als Sammelbegriff für «sündiges Sexualverhalten») noch kurz zuvor ein Kapitalverbrechen war. Und Homosexualität noch lange unter Strafe stehen wird.

Ein Punk vor seiner Zeit

«The Velvet Underground», die Band um Lou Reed und John Cale, liebten provokative Auftritte. Nichts mit Love and Peace und Flower-Power. Harte und düstere Themen, und wilde Performances im Rahmen der Factory von Andy Warhol.

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Aus dem Archiv: Lou Reed im Interview
Aus 10 vor 10 vom 25.07.1996.
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In der Zeit, in der die Hippie-Bewegung im vollen Gange war und die revolutionäre Jugend in bunten Kleidern die Welt umarmen wollte, bevorzugte Lou Reed schwarze Leder-Klamotten und trieb mit seiner Überheblichkeit alle Journalisten zur Verzweiflung.

Der Zwist mit Nico

«The Velvet Underground» hatte damals eine Frontfrau: Nico, aka Christa Päffgen, ein deutsches Supermodel, dessen stimmliches Talent umstritten war. Aber das machte nichts, alle wollten Nico sehen.

Nico von "The Velvet Underground"
Legende: Reeds Beziehung zu Nico war nicht immer einfach. Das Foto stammt von 1965. IMAGO/Starstock/Photoshot

Sie war die Femme Fatale, die nicht nur verantwortlich war für eine der grössten Krisen in Lou Reeds Leben – sie liess ihn vor der versammelten Factory-Szene fallen und beschimpfte den Musiker – sondern auch den Dilettantismus des Punk-Rock vorwegnahm.

Er machte aus Lärm Musik

Mit seinem Solo-Album «Berlin» hatte Lou Reed keinen Erfolg. Was ihn so enttäuschte, dass er als Folge-Album etwas radikal Anderes produzierte – sei es aus Protest oder in genialer Weitsicht: Das Album «Metal Machine Music».

Eine Stunde lang nur Gitarren-Rückkoppelung, verzerrte-Soundflächen und Lärm: 1975 war dies pure Provokation. Gleichzeitig aber ein erster Vorläufer von musikalischen Bewegungen wie Industrial oder Noise.

Lou Reed 2004 bei einem Konzert auf der Bühne
Legende: Lou Reed performt bei 13. Oz'Arènes Rock Festival in der Schweiz. KEYSTONE/Sandro Campardo

Von Rock zu Rap

Nein, Lou Reed ist nicht der Erfinder des Rap. Aber in seiner Musik kamen «spoken words» schon sehr früh vor. Titel wie «The Black Angel’s Death Song» sind schon eine Art Sprechgesang. Und das war 1967.

In «The Gift» erzählt John Cale, der Mitbegründer von «The Velvet Undground», acht Minuten lang eine Kurzgeschichte von Lou Reed zu einem Rock-Soundtrack. Das war 1968, also zwei Jahre vor Gil-Scott Herons Debütalbum mit dem Song «Whitey on the Moon», der als einer der Vorläufer des Rap gilt.

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 26.03.2017.

Radio SRF 3, 2.3.2022, 13:36 Uhr.

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