Rudolf Kelterborns Lebenselixier war das Komponieren. Er könne einfach nicht aufhören, sagte er einmal. Da war er schon weit über 80. Auffallend ist: Je älter er wurde, umso unbeschwerter schien Kelterborn in seinem Komponieren.
Oder vielleicht auch einfach befreiter von den vielen Verantwortungen, die er zeitlebens auf sich nahm. 1931 in Basel geboren, übernahm Rudolf Kelterborn als Chefredaktor die Schweizerische Musikzeitung und leitete die Hauptabteilung Musik des damaligen Schweizer Radio DRS.
Zudem war er Direktor der Musik-Akademie Basel und gründete zusammen mit Heinz Holliger und Jürg Wyttenbach das Basler Musikform, während vieler Jahre der wichtigste Veranstalter von zeitgenössischer Musik in Basel.
Sein kritischer Blick, seine klaren Urteile und seine beeindruckenden Fähigkeiten als Netzwerker zeichneten ihn in seinen leitenden Funktionen aus. Begleitet haben ihn dabei immer sein riesiges Engagement und seine Leidenschaft für die Sache der Musik.
Auf den grossen Bühnen dieser Welt
Internationale Anerkennung erlangte Kelterborn unter anderem mit seiner Oper «Ein Engel kommt nach Babylon». Sie entstand in enger Zusammenarbeit mit Friedrich Dürrenmatt und wurde 1977 am Opernhaus Zürich uraufgeführt.
Ein weiteres wichtiges Ereignis in Kelterborns Laufbahn war die Oper «Der Kirschgarten» nach Anton Tschechow, mit der das neu umgebaute Opernhaus Zürich 1984 eröffnet wurde. Kelterborn formulierte hier schon früh auch eine politisch-ökologische Besorgnis über die Entwicklung der Welt.
Persönlicher Ton
Auch viele junge Ensembles arbeiteten gerne mit Rudolf Kelterborn zusammen. Zahlreiche Auftragswerke entstanden so gerade auch in den späten Jahren seines Lebens. Es sind Kompositionen, in denen Kelterborn zu einem sehr persönlichen Ton gefunden hat - fast zu einer Art musikalischen Übermut. Ein «Alterswerk» voller Frische und Direktheit, aber auch Tiefe.
«Ich möchte, dass meine Musik Ausdruck der Fülle des Lebens ist. Sie umfasst Schreckliches, Entsetzliches, Ängste, Nöte, aber auch Wunderbares - Glück, Ekstase. Ich hoffe, dass das in meiner Musik zum Ausdruck kommt», sagte Rudolf Kelterborn im Februar 2017 in einem Interview mit SRF.
Impulse bis zum Schluss
Geblieben bis zum Schluss ist seine Gradlinigkeit und Unbestechlichkeit. Mit gutem Recht hätte sich Rudolf Kelterborn im Alter aus der Öffentlichkeit zurückziehen können. Aber immer wieder imponierte er bei kulturpolitischen Debatten mit seinen unverblümten und couragierten Statements.
So bleibt Rudolf Kelterborn als ein enorm wichtiger Impulsgeber in Erinnerung - als eine von allen respektierte Persönlichkeit des Schweizer Musiklebens.