Nur schon dieses Video, in dem männliche Gestalten Zärtlichkeiten austauschen: eigentlich undenkbar, in der Welt des Rap. Trotzdem feiert Lil Nas X, der sich öffentlich als homosexuell geoutet hat, mit «Montero Call Me By Your Name» einen Grosserfolg.
«Montero» auf Mundart - wäre das denkbar? «Es gibt hierzulande kaum Künstlerinnen und Künstler, die sich so etwas getrauen würden», sagt SRF-Rap-Experte Lukie Wyniger. Und das, obwohl das Homophobie-Problem längst nicht mehr so gross sei wie früher, sagt Wyniger.
Noch vor 20 Jahren sei der Schweizer Rap wesentlich machoider gewesen. Es gebe mittlerweile aufgeschlossene Rapperinnen und Rapper, sagt Lukie Wyniger. «Die schreiben Texte, die in eine völlig andere Richtung gehen.»
Zum Beispiel Mimiks
Eine Entwicklung ist also spürbar. Auch bei prominenten Exponenten der Schweizer Rap-Szene lässt sich ein Umdenken beobachten. Etwa beim Luzerner Rapper Mimiks: Dessen frühere Texte wiesen auch mal einen homophoben Einschlag auf. Heute zeigt sich Mimiks selbstkritisch.
Auf seinem Instagram-Account schreibt Mimiks im Juli 2020: «Homophobie und auch Sexismus haben in meiner Welt keinen Platz mehr.»
Keine Verlustängste
Hatte Mimiks keine Angst, durch seine neue Haltung einen Teil seines Publikums oder Ansehen in der Szene zu verlieren? «Homophobie ist ein Problem der Rap-Szene», sagt Mimiks. Wer sich aufgeschlossen zeige, habe etwas zu verlieren. Er selbst könne aber mittlerweile auch ohne homophobe Rap-Fans gut leben. Tatsächlich habe er für sein Statement kaum Kritik geerntet, erzählt Mimiks.
Es ist offenbar gerade der richtige Moment, um sich im Rap der queeren Bewegung gegenüber offen zu zeigen. Das habe auch damit zu tun, dass sich vermehrt Rapperinnen zu Wort melden, sagt Rap-Experte Wyniger.
Vobild Young M.A.
Zum Beispiel Young M.A.: Die New Yorker Rapperin lebt offen lesbisch. Es sei vorbildlich, so Wyniger, wie Young M.A. mit ihrer Sexualität umgehe und ihren männlichen Kollegen diesbezüglich auch mal die Leviten lese. Man zolle ihr dafür mittlerweile auch Respekt.
«Das sehe ich noch nicht in der Schweiz», sagt Lukas Wyniger. Dass es dafür höchste Zeit ist? Auch für Wyniger keine Frage.