«Smoke on the water. A fire in the sky.» An den berühmtesten Brand der Musikgeschichte im Dezember 1971 erinnert sich Michel Ferla, als wenn es gestern gewesen wäre. Im Casino Montreux, am Ufer des Genfersees, rockten Frank Zappa & The Mothers of Invention die Bühne, als Zappa plötzlich «Fire!» schrie.
«Im ersten Moment dachten wir, das sei ein Teil der Show», erinnert sich Ferla, der damals im Tourismusbüro in Montreux tätig war. Ein Konzertbesucher hatte mit einer Leuchtpistole in die Luft geschossen. «Wir versuchten den Brand mit Feuerlöschern zu bezwingen. Doch wir konnten den Flammen an der Decke nicht Herr werden. Es brannte lichterloh.»
We all came out to Montreux
On the Lake Geneva shoreline
To make records with a mobile
We didn't have much time
Frank Zappa and the Mothers
Were at the best place around
But some stupid with a flare gun
Burned the place to the ground
Auf allen Vieren durch die Flammen
Die rund 4000 Konzertbesucher zertrümmerten mit Lautsprecherboxen die Fensterscheiben, um sich ins Freie zu retten. Claude Nobs, Gründer des Montreux Jazz Festival, behielt einen kühlen Kopf. Zusammen mit Ferla und seinem Team, versuchte er zu retten, was zu retten war. «Wir krochen auf allen Vieren durchs brennende Gebäude», schildert Ferla, «damals wurde viel Marihuana geraucht. Wir wollten sicher sein, dass niemand eingeschlafen war.» Alle hatten es rechtzeitig ins Freie geschafft.
Deep Purple waren in Montreux, um ihr neues Album «Machine Head» aufzunehmen. Für die Aufnahmen im Casino hatten sie ein mobiles Studio in einem Lastwagen gemietet, das «Rolling Stones Mobile Unit». Es sollte ein Album mit der Atmosphäre eines Live-Konzertes werden. Deep Purple mischten sich unter die Besucher und waren Augenzeugen, als Zappas Konzert in Flammen endete. «Zappa und Band haben im Feuer ihr ganzes Equipment verloren», erzählt Ferla, «alle ihre spezialangefertigten Instrumente verbrannten».
They burned down the gambling house
It died with an awful sound
Funky Claude was running in and out
Pulling kids out the ground
When it all was over
We had to find another place
Swiss time was running out
It seemed that we would lose the race
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Wind blies Rauchschwaden über den See
Das Casino brannte bis auf seine Grundmauern nieder. Doch für Deep Purple sollte das Unglück zum Glücksfall werden. Den Flammen entkommen schlenderten die fünf Bandmitglieder die Uferpromenade entlang. Der Wind blies dicke Rauchwolken über den Genfersee. Ein Bild, das die Band kurz danach zu ihrem Welthit «Smoke on the Water» inspirierte.
We ended up at the Grand Hotel
It was empty cold and bare
With the Rolling truck Stones thing just outside
Making our music there
With a few red lights and a few old beds
We made a place to sweat
No matter what we get out of this
I know, I know we'll never forget
Der Brand hatte das Casino derart zerstört, dass Aufnahmen dort nicht mehr möglich waren. Deep Purple waren über Nacht eine Band ohne Studio. Nobs, Ferla und sein Team machten sich auf die Suche nach Ersatz und quartierten sie zunächst im kleinen Theater «Pavillon» ein. Doch schon kurz darauf vertrieb die Polizei die damals «lauteste Band der Welt», wie es in einem Guiness-Buch-Eintrag heisst. Wiederum standen die Aufnahmen vor dem Aus.
Und wieder war das Festivalteam zur Stelle: «Wir fanden das im Winter leerstehende Grand Hotel Territet – dort, wo einst Kaiserin Sissi logierte», erzählt Ferla. Ausser einer «alten schwerhörigen Lady» sei das Hotel unbewohnt gewesen. Der Salon wurde mit Matratzen bestückt und zum Aufnahmestudio umfunktioniert.
Am letzten Tag vor der Abreise entstand der Welthit. «Smoke on the Water» ist seither zum Markenzeichen von Montreux geworden. Der Riff des Stücks zählt zu den meistgespielten Tonfolgen der Welt.
«Damals war dort ein Stripclub»
Ferlas Geschichte mit dem Montreux Jazzfestival beginnt 1968 im «Strobe Club», ein damals moderner Club mit Strobolichter. Hier traf er Claude Nobs, den Festivalgründer, welcher Ferla als persönlichen Mitarbeiter engagierte. Kurze Zeit später fanden auf der Casino-Bühne erste Konzerte statt, erinnert sich Ferla: «Damals war dort ein Stripclub – mit runder Bühne und bizzarem Licht.»
Nobs schickte den damals 23-jährigen Ferla nach Wien, um sein Deutsch zu verbessern. In der Nacht vor dem Brand bat Nobs ihn, Frank Zappa und zwei Lastwagen mit Equipment in die Schweiz zu geleiten. Das Festivalteam befürchtete, der langhaarige Zappa könnte an der Grenze in Schwierigkeiten geraten.
25 Jahre lang war Michel Ferla Claude Nobs treuer Begleiter. Noch immer ist er Feuer und Flamme für das Jazzfestival, dessen 50. Ausgabe nächsten Sommer bevorsteht. «Dank seiner berühmten Geschichte haben wir jetzt weitere 50 Jahre vor uns», meint er mit einem Augenzwinkern. Der 67-Jährige, der sich ein Leben lang dem Tourismus gewidmet hat, engagiert sich unermüdlich für das Casino, die Kultur und Montreux selbst
Dieser Artikel erschien ursprünglich bei 3sat.de.