Fast wäre er zu spät zum Soundcheck gekommen an jenem Abend Ende September. Doch kurz vor Beginn der «SRF Purple Night» kommt Christoph Croisé doch noch durch die Hintertür der Widder Garage hereingestürmt, zusammen mit seinem Pianisten Alexander Panfilov.
Croisé hatte nämlich bereits einen Auftritt an diesem Samstag: Er spielte Kammermusik am Eröffnungsfest der Tonhalle Maag. Alles dauerte dort ein bisschen länger als geplant. Schliesslich hat er es aber trotzdem zu seinem nächsten Gig geschafft.
Auf Karriere-Kurs
Nicht nur an diesem Tag ist der 23-jährige Aargauer gut im Geschäft und eilt von Termin zu Termin. Vor wenigen Tagen ist er von einer kleinen Kammermusik-Tournee auf den Britischen Inseln zurückgekommen.
Im November folgt die nächste Tour in der Schweiz, mit den Cellokonzerten von Haydn. Ausserdem hat er schon mehrere und teils hochdotierte internationale Wettbewerbe gewonnen. Dabei hat er sein Studium noch nicht einmal ganz abgeschlossen.
Grosse Liebe zur russischen Musik
Er lebt zurzeit in Berlin und gibt seinem Cellospiel dort in der Klasse von Wolfgang Emanuel Schmidt den letzten Schliff. Davor war er lange Schüler von Alexander Neustroev, dem stellvertretenden Solo-Cellisten des Zürcher Tonhalle-Orchesters. Durch Neustroev entdeckte Croisé seine Liebe zur russischen Musik, sagt er im Gespräch.
Entsprechend gut sind russische Stücke in seinem Repertoire und in seinen Konzertprogrammen vertreten. Die Cellosonaten von Sergei Prokofjew, Dmitri Schostakowitsch und Sergei Rachmaninow spielt er momentan besonders gern und häufig.
Erstere hat er schon in seinem ersten Soloalbum verewigt. Die Rachmaninow-Sonate spielte er an der zweiten Ausgabe der Purple Nights. Er wird sie demnächst ebenfalls aufnehmen.
Für elektronische Klänge zu haben
Christoph Croisé liess sich in der Widder Garage aber auch auf eine ziemlich spontane Zugabe ein mit den zwei anderen Musizierenden an diesem Abend: mit der Akkordeonistin Viviane Chassot und mit Alexandre Kordzaia alias Kordz, dem Mann am Mischpult.
Croisé ist also auch offen für elektronische Klänge und Beats, auch wenn er privat kaum in der Clubszene unterwegs ist. Denn für lange Partynächte fehlt ihm neben Üben, Studium, Wettbewerben und Konzerten schlicht die Zeit.
Fast wäre es Schach geworden
Viel lieber spielt er in seiner Freizeit ab und zu eine Partie Schach. Weniger häufig zwar als vor ein paar Jahren, als er noch an Turnieren Türme, Königinnen und Springer auf dem Schachbrett herumschob und sogar mit dem Gedanken spielte, Profispieler zu werden.
Die Musikwelt wird es ihm danken, dass er sich schliesslich doch fürs Cello entschieden hat.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Musikabend, 22.10.17, 22.06 Uhr