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Erstes Album der Star Feminine Band
Aus Kultur-Aktualität vom 03.11.2020. Bild: JB Guillot
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 33 Sekunden.

Star Feminine Band aus Benin Diese westafrikanische Girlgroup bewegt Beine und Gedanken

Sieben Mädchen aus Benin wollen ihren Landsfrauen musikalisch Mut machen. Damit rütteln sie an Traditionen.

«Ich war entsetzt und konnte nicht mehr mit ansehen, wie Männer bei uns mit Frauen umgehen – ohne Respekt und Rücksicht», sagt André Baleguemon resolut. «Ich musste handeln.»

So gründete der Musikpädagoge Baleguemon im Norden von Benin vor vier Jahren eine reine Frauen-Band: die Star Feminine Band. Sie besteht aus sieben Mädchen zwischen 11 und 17 Jahren. Ihre Musik hat eine politische Dimension, rüttelt wach und regt zum Nachdenken an.

Denn in der Region der 35'000 Bewohner zählenden Kleinstadt Natitingou fristen Frauen ein tristes Dasein am Rande der Gesellschaft.

Frauen eine Stimme geben

Angefangen hat alles 2016 mit einem Musik-Workshop für Mädchen, den Baleguemon organisierte. Dem Aufruf im Radio folgten dutzende Mädchen.

Die 17-jährige Sandrine am Keyboard erinnert sich: «Wir Mädchen haben uns im Haus der Jugend getroffen. Am Anfang war das Spielen für mich mühsam gewesen, aber inzwischen beherrsche ich mein Instrument gut.»

Album-Hinweis

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Star Feminine Band: «Star Feminine Band». Born Bad Records 2020.

Instrumente sind für Frauen Tabu

Baleguemon kaufte zwei Schlagzeuge, zwei Gitarren, ein Keyboard und Percussion. «Die Mädchen wussten anfangs nichts über Musik», erklärt er. «Aber sie waren hochmotiviert.» Einige von ihnen hatten noch nie ein Keyboard gesehen. Nach intensiven Musikstunden blieben sieben Musikerinnen mit dem nötigen Talent und Durchhaltevermögen übrig.

ein schwarzes Mädchen hält ein Keyboard in der Hand
Legende: Vor vier Jahren lernte sie Keyboard spielen und heute tourt Sandrine mit ihrer Band im Land herum. JB Guillot

Seit über vier Jahren proben die Mädchen nun in der Musikschule. Es ist revolutionär, dass sie Keyboard, Schlagzeug und Gitarre spielen. Gemäss der westafrikanischen Tradition dürfen Frauen nur singen und tanzen, aber keine Instrumente spielen.

«Beninerin, wach auf!»

Musikdirektor Baleguemon komponiert, die Liedtexte entstehen gemeinsam in langen, oft heftigen Diskussionen. Baleguemon hat den Musikerinnen ein eigenes Verständnis für ihre Situation vermittelt und sie für ihre Rechte sensibilisiert, um diese dann über die Musik einzufordern.

Die Mädchen machen einen Mix aus traditioneller Musik mit modernen Elementen. Sie tanzen und singen für Emanzipation, Frauenrechte, Freiheit sowie Selbstbestimmung, aber gegen weibliche Genitalverstümmelung und Unterdrückung.

sieben junge schwarze Mädchen musizieren auf ihren Instrumenten
Legende: Die Mädchen haben schon über 50 Konzerte in Benin gespielt. JB Guillot

Die Songs der Star Feminine Band haben deutliche Aussagen wie etwa «Femme Africaine»: «Oh Afrikanerin, erhebe dich… Beninerin wach auf, du kannst Präsidentin oder Premierministerin werden … steh auf, agiere, es muss etwas passieren, dein Land braucht dich, die Welt steht dir offen …»

Für Gleichberechtigung, gegen Zwangsheirat

Neben den musikalischen Fortschritten der Mädchenband hat Baleguemon noch ein weiteres Ziel: Er will die Familien davon überzeugen, wie wichtig es für die Mädchen ist, weiter in die Schule gehen. Denn sie sollen nicht in Gelegenheitsjobs als Strassenverkäuferinnen oder in die Heirat gezwungen werden.

Es war anfangs nicht leicht, die Männer für das Projekt zu gewinnen und ihr erzkonservatives Frauenbild infrage zu stellen. Selbst der Radiomoderator George vom Lokalsender NANTO FM war zunächst skeptisch. Bisher sei keine einzige Initiative dieser Art in der Region erfolgreich gewesen, sagt er. Es sei aber wunderbar, was Baleguemon mit den Mädchen erreicht habe.

ein buntes Cover mit sieben Mädchen drauf
Legende: So bunt wie das Albumcover ist auch die Mischung der Musikstile der Band: Garage Rock, kongolesischer Rumba und beninischer Sato. Star Feminine Band

Die Band hat mittlerweile über 50 Konzerte in der Region gespielt, ihr Repertoire ausgebaut ein Debüt-Album veröffentlicht. Die Mädchen wollen Stars werden. Ihre Vorbilder sind Angelique Kidjo und Miriam Makeba.

Um den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen, fehlt es der Star Feminine Band nicht an Selbstbewusstsein.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 3.11.2020. 17:20 Uhr

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