Wer 1967 die Rolling Stones im Zürcher Hallenstadion sehen wollte, kaufte an der Abendkasse ein Ticket für 20 Franken. So einfach ist es heute nicht mehr, wie Fans von Taylor Swift erfahren mussten. Wer ein Ticket kaufen wollte für eine der beiden Shows im Juli 2024 in Zürich, musste eine aufwändige Registrierung durchlaufen, um dann eventuell doch keine Karten ergattern zu können. Die 95'000 Tickets waren innert einer halben Stunde weg, viele Fans gingen leer aus.
Gestiegene Preise: Wer es schaffte, ein Ticket zu ergattern, musste tief in die Taschen greifen. Der günstigste Stehplatz kostet 168 Franken, der teuerste Sitzplatz rund 290 Franken. Zum Vergleich: Selbst unter Berücksichtigung der Teuerung würde das Stones-Konzert von 1967 heute nur knapp 70 Franken kosten (Quelle: BFS).
Gestiegene Kosten: In 50 Jahren hat sich einiges verändert im Konzertbusiness. Heute reicht es nicht mehr, dass eine Band auf der Bühne steht, sondern es braucht eine aufwändige Show. Lohn- und Produktionskosten sind gestiegen, ebenso Stadionmiete sowie Transport-, Benzin- und Stromkosten. Das sind die offiziellen Gründe, wenn Ticketpreise in den Fokus geraten.
Hochpreisland Schweiz: Seit der Platten- und CD-Markt eingebrochen ist, sind Konzerte die Haupteinnahmequelle von Popstars. Diese wissen offenbar, dass sich in der Schweiz ordentlich verdienen lässt. Eine Recherche der «NZZ am Sonntag» zeigt, dass innerhalb Europas das Schweizer Publikum am meisten Eintrittsgeld bezahlt für eine Taylor-Swift-Show. In Warschau zahlen Fans für das gleiche Konzert viermal weniger. Dass viele Dinge grundsätzlich teurer sind in der Schweiz, erklärt nur einen Teil des Unterschieds. Stars seien sich der Schweizer Kaufkraft bewusst, sagt Ticketcorner-Chef Oliver Niedermann.
Es geht auch anders: Einblick in Verträge oder Zahlen erhält man keine. Allerdings zeigt das Beispiel von The Cure, dass Bands durchaus Einfluss auf Ticketpreise haben. Im Vorfeld ihrer Amerikatournee versprach die englische Band, Ticketpreise für ihre Konzerte niedrig zu halten. Allerdings erhob Ticketmaster enorm hohe Gebühren, die teilweise über den eigentlichen Ticketpreisen lagen. Frontmann Robert Smith wurde erst durch Reaktionen von Fans auf das Treiben aufmerksam und nannte es «sickening», also widerlich. Die Band erwirkte, dass Käufer der untersten Preisklasse 10 Dollar pro Ticket zurückerhalten.
Das Monopol: Weltweit dominieren drei Grosskonzerne den Veranstaltungsmarkt: Live Nation, CTS Eventim und AEG. Diese betreiben auch die grössten Ticketfirmen und haben somit eine Monopolstellung inne. Auch Ticketcorner gehört zur Hälfte CTS Eventim, die andere Hälfte verwaltet Ringier.
Im Vordergrund der Grossunternehmen steht Gewinnmaximierung, nicht Kultur oder Musik. Live Nation hat seit der Pandemie Rekordgewinne erzielt und will diese weiter ausbauen, sagte CEO Michael Rapino in einem Interview. Auch Ticketcorner ist hochprofitabel und hat 2022 einen Gewinn von 14 Millionen Euro erzielt.
Die Preisspirale: Musikschaffende und das Publikum unterstützen das System, indem sie die hohen Ticketpreise gutheissen oder mit einem Kauf unterstützten. Die Spirale wird sich wohl oder übel so lange weiterdrehen, bis nur noch wohlhabende Menschen Grosskonzerte besuchen können. Schon heute ist die Situation prekär. Welche vierköpfige Familie kann 672 Franken hinlegen für das Konzert von Taylor Swift?