Es ist dunkel im Konzertsaal, hunderte Handykameras sind auf die Bühne gerichtet. Laufey singt das Scat-Solo aus ihrem grossen Hit «From The Start».
Und sie singt nicht allein: Tausende von jungen Fans singen Note für Note ihre jazzigen Licks nach, als wären es bekannte Pop-Texte. Das ist erstaunlich.
Musikalische Anfänge
In eine musikalische Familie geboren, tritt Laufey schon als Teenagerin bei «The Voice Iceland» auf. Als sie 2020 ihr erstes Single «Street by Street» herausbringt, landet es prompt auf Platz 1 der isländischen Charts.
Ein Jahr später schliesst sie ihr Jazz-Studium am renommierten Berklee College of Music in Boston, Massachusetts ab und veröffentlicht ihre erste EP.
Tiktok-Berühmtheit
Während der Pandemie fängt Laufey an, kurze Videos zu posten, in denen sie bekannte Jazzstandards covert. Ihr Publikum wächst und sie fängt an, eigene Lieder zu posten.
Auf Tiktok spricht sie die Sprache ihrer Fans: Sie macht bei Trends mit und reagiert auf Videos und Memes, die Fans über sie machen.
Und auch in ihren Liedern verwendet sie moderne Sprache: «She’s so perfect, blah blah blah» singt Laufey in einem Song über unerwiderte Liebe.
Rasanter Aufstieg
Dabei klingt ihre Stimme eher old-school. Laufey bedient sich an Jazz-Elementen, aber nicht nur. Ihre Mischung aus Bossa Nova, Bedroom-Pop und Jazz-Harmonien ist für viele zugänglich.
Ihr rasanter Aufstieg bleibt auch nicht von den grossen Medien unbemerkt. Die junge Musikerin würde den Jazz zur sogenannten Generation Z bringen, schreiben Vogue und NPR.
Andere gehen noch weiter: Laufey sei die «Retterin» des Jazz, die das 21. Jahrhundert brauche. Und auch Laufey erzählt in Interviews: Jazz-Musik sei für viele junge Menschen schwer zugänglich. Mit ihren Songs wolle sie das ändern.
Ist Laufey Jazz?
Doch es gibt auch andere Stimmen. Zum einen wird debattiert, inwiefern Laufeys Musik als Jazz kategorisiert werden kann. Was Jazz ist und was nicht, ist eine uralte Debatte.
Laufey scheint sich stark an alten Showtunes und Balladen zu inspirieren und singt auch Covers aus dieser Zeit: beispielsweise «But Not For Me» aus dem Musical «Girl Crazy» (1930).
Viele dieser Stücke wurden erst später zu Jazzstandards, als sie entsprechend neuinterpretiert und mit improvisatorischen Elementen bereichert wurden. Das fehlt manchen in Laufeys Songs – oft wird sie also unter Jazz-Pop kategorisiert und mit Norah Jones verglichen.
Jazz braucht keine Rettung
Vor allem das Narrativ der «Rettung» des Jazz stösst vielen auf. Dass der Jazz gerettet werden müsse, ist ein müdes Argument, das immer wieder auftaucht.
Mit der zeitgenössischen Jazzszene und den Jazzclubs ist Laufey wenig in Kontakt. Die junge Sängerin orientiert sich in ihrem Zugang zur Musik klar an der Popwelt.
Die Jazzwelt neigt zum Snobismus. Jazzig angehauchte Musik, die sich nicht eindeutig in den Jazz-Kanon einordnen lässt, wird von vielen belächelt. Besonders wenn diese Musik von einer jungen Sängerin geschrieben wird.
Ob sie ihrem Titel als «Botschafterin» des Jazz gerecht wird, ist fraglich. Doch über ihre Musik werden sicherlich viele junge Menschen den Weg tiefer in die Jazzwelt finden.