Es gibt Komponisten, die sich in den Institutionen des Musikbetriebs wie ein Fisch im Wasser bewegen. Und es gibt andere, die sich damit eher schwertun, aber künstlerisch umso mehr zu sagen haben. Zu letzteren gehörte Klaus Huber.
Quer zum Zeitgeist
Er stand stets quer zum Zeitgeist, die Wirkung seiner Musik war aber umso nachhaltiger. Als in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Serialismus die Musik neu erfunden werden sollte, komponierte er Kammerkantaten über Texte von Mystikern aus Mittelalter und Barock.
Ein politisches Oratorium
1964 schuf er mit dem Augustin-Oratorium «Soliloquia» sein erstes bekenntnishaftes Werk.
Zwei Jahrzehnte später solidarisierte sich der vermeintlich Unpolitische mit den lateinamerikanischen Freiheitsbewegungen und komponierte sein grosses politisches Oratorium «Erniedrigt – Geknechtet – Verlassen – Verachtet» mit Texten von Ernesto Cardenal.
Es wurde ungemütlich, die Marschtritte der Pinochet-Soldaten und das Geschrei der Aufständischen hallten durch den Konzertsaal.
Eine Ästhetik des Widerstands
Wiederum ein Jahrzehnt später begann Huber mit Dritteltönen und arabischen Tonskalen zu komponieren, und 2001, mit 77 Jahren, erlebte er die Uraufführung seines Bühnenwerks «Schwarzerde» an der Oper in Basel.
Im Mittelpunkt des Werks steht der russische Dichter Ossip Mandelstam. Die feine Poesie Mandelstams berührte Klaus Huber im Innersten. Und er erkannte eine ihm verwandte Denkweise dahinter: «Ich würde sie als eine phänomenale Ästhetik des Widerstands formulieren. Das ist das, was mich angezogen hat, was sehr aktuell ist. Er leistet wirklich einen radikalen Widerstand. Und diesen Widerstand leistet er in der Dichtung selber. Das heisst, er passt sich überhaupt nicht dem Zeitgeist an.»
Tonfall der Empörung
Widerstand in der Musik, im Tonfall der Empörung und als intime Mitteilung für wache Ohren, Widerstand gegen den Zeitgeist, die Dummheit und die Arroganz der Mächtigen: der Tonfall durchzieht Klaus Hubers gesamtes Werk. Doch nie ging das auf Kosten der kompositorischen Qualität.
Kein anderer Komponist der Nachkriegszeit hat im Lauf seines Schaffens so tiefgreifende Wandlungen durchgemacht und ist sich doch immer treu geblieben.
In sieben Jahrzehnten entstand so ein Werk, das von der Kammermusik über vielfältige vokal-instrumentale Besetzungen bis zum Bühnenwerk alle Gattungen umfasst.
Oft unbequem
Geboren 1924 in Bern, studierte Klaus Huber Komposition bei seinem Taufpaten Willy Burkhard in Zürich. Dann unterrichtete er elf Jahre lang in Basel und ab 1973 in Freiburg. Nach seinem Rückzug aus dem Hochschulbetrieb war er ein viel gefragter Gastprofessor in Kompositionskursen von Europa über Kanada bis Japan.
Seine hochsensible Musikalität – er spielte auch ausgezeichnet Geige und Bratsche – war gepaart mit kritischen Gedanken zum kompositorischen Metier und zur Rolle des Komponisten in der Gesellschaft.
Für seine Umwelt war das oft unbequem, doch die Anregungen, die von ihm ausgingen, wirken nach. Seine Musik aber ist die kostbarste Botschaft, die er uns hinterlässt.
Sendung: SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 2.10.2017, 17.08 Uhr.