Als Adolphe Sax am 6. November 1814 in Dinant, Belgien, das Licht der Welt erblickte, quälten sich die Klarinettisten mit archaischen Instrumenten durch Mozarts Klarinettenkonzert. Die Trompeter versuchten mit Klappentrompeten den Anforderungen der Komponisten gerecht zu werden und in den Militärkapellen kämpften Serpentspieler gegen die Lautstärke der übrigen Bläser. Die Dirigenten träumten von Instrumenten, die leicht zu spielen waren und schön klangen.
Handwerker und Musiker
Knapp 80 Jahre später, als Adolphe Sax am 7. Februar 1894 starb, waren die Militärkapellen kaum wiederzuerkennen. Die Klarinettisten spielten weit virtuosere Melodien, als sie Mozart ersonnen hatte, und die Welt hatte mit dem Saxophon ein neues Blasinstrument, das die Unterhaltungsmusik völlig auf den Kopf stellen sollte. Adolphe Sax sei Dank.
Sax' Vater Charles Joseph war Instrumentenbauer. In jener Zeit war klar, dass der Filius in seine Fussstapfen treten würde. Allerdings lernte er auch, seine Instrumente zu spielen. Als Klarinettist brachte er es zu höchster Meisterschaft. Und weil auch er sich mit einem umständlichen Instrument plagte, begann Sax, daran zu arbeiten. Mit 21 zeigte er auf der Brüsseler Industrieausstellung seine neue Klarinette, der zwei Jahre später eine völlig neu konstruierte Bassklarinette folgte.
Sein Meisterstück: das Saxophon
An der Industrieausstellung 1841 schliesslich präsentierte Sax seinen grossen Wurf: Das «saxophone basse en cuivre». Das Problem, welches ihn umgetrieben hatte, beschrieb er folgendermassen: «Blasinstrumente sind meistens zu rau oder zu stumpf im Klang, besonders in der Tiefe; ausserdem nicht genug laut, um im Freien gehört zu werden».
Adolphe Sax wollte ein Instrument schaffen, das im Charakter den Streichinstrumenten nahekommt, aber mehr Kraft und Intensität besitzt. So konstruierte er als erstes das Basssaxophon. In den Jahren 1844 bis 1846 baute er Prototypen von verschiedenen Grössen und Stimmungen seines Saxophons, vom Sopranino bis zum Kontrabassinstrument. Am 21. März 1846 schliesslich reichte er den Patentantrag ein über «ein neues System von Blasinstrumenten genannt Saxophon», ein konisches Metallrohr, versehen mit einem Mundstück mit Einfachrohrblatt.
Dass Adolphe Sax ausgebildeter Musiker war, kam ihm jetzt zugute: Er konnte seine Instrumente selber spielen und vorführen. Hector Berlioz zum Beispiel, der begeistert war, und für das neue Instrument komponierte. Und Kaiser Napoleon III, der die französischen Militärkapellen reorganisierte und Adolphe Sax damit beauftragte.
Erfolgreicher Erfinder
Adolphe Sax tat buchstäblich alles für seine Instrumente. Er schrieb Lehrgänge dafür, unterrichtete selber am Pariser Conservatoire, wehrte sich in unendlichen Prozessen gegen Konkurrenten, die ihm seine Patente aberkennen lassen wollten.
Neben dem Saxophon, seinem Meisterstück, erfand er – ganz ruheloser Daniel Düsentrieb – unzählige Dinge, die nichts mit Musik zu tun hatten: einen verbesserten Kamin für Lokomotiven, Signale für den Bahnbetrieb, Apparate für Lungengymnastik, ja sogar eine neuartige Kanone für den Krimkrieg.
Erfolgloser Geschäftsmann
Adolphe Sax war aber kein erfolgreicher Geschäftsmann, zwei Konkurse hatte er zu verkraften. Das Genick gebrochen hat ihm schliesslich die Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg 1871. Die Militärmusikklassen am Conservatoire wurden abgeschafft, die Armee sistierte Instrumentenkäufe, und in der klassischen Musik hatten sich seine Instrumente nicht durchsetzen können. Der Siegeszug des Saxophons begann erst in den 1920er-Jahren, da war Adolphe Sax schon 30 Jahre tot.