Man war jedes Mal von Neuem überrascht, dass er noch am Leben war. Über Jahrzehnte überwogen Nachrichten über seine Drogen-Exzesse, über Verhaftungen – kurz: über seinen Niedergang. Seine Musik trat in den Hintergrund. Dabei war Crosby stets noch aktiv, wenn auch nicht mehr so sichtbar wie in den fernen 60er-Jahren.
Thy Byrds: Die Beatles zum Vorbild
Seine Karriere startete nach Mass: Als die Beatles 1964 die USA eroberten, wurden sie zum Vorbild für Tausende von Jugendlichen, die es ihnen gleichtun wollten und Bands gründeten.
Eine dieser Bands stach heraus, weil sie das Liverpooler Quartett nicht imitierten – ausser beim Namen. Thy Byrds fanden ihren eigenen Sound. Sie waren Pioniere des Folk Rock.
Ihr erster Hit war eine eigene, gekürzte Fassung von Bob Dylans «Mr. Tambourine Man», die den typischen Sound der Band prägte: ein rockiger Beat, die 12-saitige Gitarre, der Lead-Gesang von Roger McGuinn und: die Harmonien von David Crosby, in denen sein purer Tenor einfloss.
Die Byrds liessen weitere Coverversionen (immer wieder von Dylan) folgen, entwickelten sich aber mit der Zeit zu einem ungeheuer kreativen Team. Fast alle in der Band schrieben sehr vielfältige Songs. So auch David Crosby, dessen Vorliebe für jazzige Chords prägend wurden.
Harmoniegesang und hervorragende Songs
Crosby aber war kein einfacher Charakter. Nach unzähligen Streitereien wurde er geschasst und kam bei einer ebenso stilbildenden Band unter: «Crosby, Stills & Nash» war das gemeinsame Projekt von drei Gitarristen und Sängern, das wiederum vom Harmoniegesang und hervorragenden Songs lebte.
Ein erstes Album wurde zum riesigen Erfolg. Dann kam ein weiterer rebellischer Charakter hinzu: der Kanadier Neil Young. Das zweite Album von «Crosby, Stills, Nash & Young» erlangte ebenso Klassiker-Status. Crosby trug wiederum zentrale Songs zum Album bei.
Es folgte noch ein Live-Album mit dem programmatischen Titel «Four Way Street»: Die vier Mitglieder des Konglomerats waren derart starke Charaktere, dass sie auf fast natürliche Art auseinanderdrifteten. Alle machten Solo-Alben, so auch Crosby, und arbeiteten als Duo zusammen. Crosby etwa mit Graham Nash, mit dem er sich am besten verstand.
Mit den Drogen kam die Talfahrt
Dennoch: Die Lage war unübersichtlich. Die enorme Masse an Material, das die vier produzierten, konnte jedoch nicht an die Höhenflüge der ersten beiden gemeinsamen Werke anknüpfen.
Drogen waren auch im Spiel. Crosby nahm sie alle und kam immer wieder in Kontakt mit den Behörden. Eigentlich schien er dem Tod geweiht. Die Drogen führten zur Spaltung: Vor wenigen Jahren gab Graham Nash öffentlich bekannt, dass er seine Freundschaft mit Crosby aufgekündigt habe.
Fulminante Rückkehr in den 2010er-Jahren
Umso mehr überraschte es, dass David Crosby immer wieder mit neuen Werken zurückkehrte. Gerade die letzten Jahre waren besonders fruchtbar: In sieben Jahren veröffentlichte er fünf Alben.
Alle fünf zeigten auf, welche kreative Kraft in dem Mann steckte: Sein Sound war geprägt von jazzigen Chords, vom bundlosen Bass und seinem nach wie vor erstaunlich klaren Gesang. Ein Sound, nicht unähnlich dem von Joni Mitchell, mit der er einst liiert war und deren erstes Album er produzierte.
So fand David Crosby im hohen Alter zurück zu der Muse, die ihn 50 Jahre zuvor zur Ikone werden liess.