Berühmt, aber ungelesen - dies ist das Los des Wälzers «Moby-Dick». Der Roman über einen Walfänger gilt als schwierig und er ist lang. Wen die 900 Seiten bisher abgeschreckt haben, bekommt mit «Moby-Dick Big Read» Abhilfe. Hören statt Lesen ist die Devise: Die Webseite veröffentlich täglich ein Romankapitel als Audio-Version, die 135 Kapitel sind auf 135 Tage verteilt: Klassiker-Happen, die man sich auch als Podcast abonnieren kann.
Auch der britische Premier liest
Das Besondere: Gelesen werden die einzelnen Kapitel von mehr oder weniger prominenten Personen. Schauspielerin Tilda Swinton macht den Auftakt, bekannte Namen folgen: «Pet Shop Boys»-Sänger Neill Tennant ist ebenso darunter wie Schauspieler Stephen Fry oder der britische Premier David Cameron. Letzterer allerdings erst, nachdem ihm ein politisch unverfängliches «Moby-Dick»-Kapitel zugesichert wurde.
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Nebst prominenten kommen auch unbekannte Stimmen zu Wort: Eine Pflegerin etwa, ein Fischer, oder Schüler. Diese Stimmenvielfalt macht das Hörvergnügen im Vergleich zu anderen Audiobooks besonders attraktiv - jedes Kapitel des literarischen Monoliths bekommt dadurch eine eigene Färbung.
«Moby-Dick ist wie ein langer Blog»
Hinter dem ambitiösen Projekt stehen der britische Autor Philip Hoare und die Künstlerin Angela Cockayne. Für die beiden ist «Moby-Dick» wie gemacht für das Internetzeitalter: Jedes Kapitel sei in sich abgeschlossen, sagt Hoare in einem Zeitungsinterview: «Moby-Dick ist eigentlich ein einziger langer Blog.» Mit ihrem Online-Projekt wollen Hoare und Cockayne all jene Leser abholen, die vom Klassiker bisher eingeschüchtert wurden.
Zusätzlich zum Hörvergnügen bekommt der User auch etwas fürs Auge: Jedes Kapitel auf der Webseite wird von einem Kunstwerk begleitet. Videoinstallationen, Malereien oder Fotografien von zeitgenössischen Künstlern machen das Surfen auch ohne Ton zum Vergnügen. Das täuscht nicht darüber hinweg, dass Melvilles Buch ein anspruchsvolles Buch ist – abschreckend aber ist es auf dieser Webseite nicht.