Die Besessenheit des Internets mit Katzen haben die Forscher von Google vor rund einem Jahr eindrücklich zu spüren bekommen: Sie hatten nämlich eine 16‘000 Rechner starke, künstliche Intelligenz kreiert, die im Internet selbstständig lernen kann. Und nach kurzer Zeit entwickelte sich das System zum Experten zum Thema Katzen, weil es die Vierbeiner als relevantes Thema einstufte. «Cat Content», also Inhalte, die sich mit Katzen befassen, sind online demnach allgegenwärtig. Böse Zungen behaupten gar, das Internet diene hauptsächlich der Verbreitung von Pornographie und niedlichen Katzen-Fotos.
Fast-Food und schlechte Grammatik
Wer sich in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Tumblr bewegt, dürfte die Omipräsenz von «Cat Content» auch schon festgestellt haben. Besonders die «Lolcats» haben es den Onlinern angetan: Bilder von Katzen, die scheinbar grosse Mühe mit der englischen Grammatik und zudem eine Vorliebe für Cheeseburger haben.
Der Trend ist längst auch ausserhalb des Internets angekommen: So gibt es auch Bücher mit Titeln in dieser putzigen Pseudo-Katzensprache, wie «How to Take Over Teh Wurld: A LOLCat Guide 2 Winning» – ein Bestseller, wohlgemerkt. In Minneapolis wurde letztes Jahr das «Internet Cat Video Film Festival» durchgeführt, das rund 10‘000 Besucher verzeichnete. Auch die derzeit berühmteste Katze im Netz, die allzeit schlecht gelaunte «Grumpy Cat», soll von einem grossen Hollywood-Studio einen Film bekommen.
Mit Katzen zum Millionär
Die «Grumpy Cat» hat auf Facebook inzwischen über 1,1 Millionen Anhänger, vom mürrischen Haustier gibt es T-Shirts, Bücher, Kalender und sogar eine eigene Capuccino-Marke zu kaufen. Und auch der Gründer des Blogs «I Can Has Cheezburger», mit dem das «Lolcats»-Phänomen einst seinen Ursprung nahm, soll seine Seite einst für 2,25 Millionen US-Dollar weiterverkauft haben. Mit unserer Vorliebe für lustige Katzen lässt sich also auch gutes Geld verdienen.
«Wie so ein kleines Bonbon»
Websites mit Katzen-Memen
«Wir finden Katzen ähnlich gut wie Süssigkeiten», sagt der Medienpsychologe Frank Schwab von der Universität Würzburg. Schwab hat eine Erklärung dafür, warum wir Katzen so mögen. Mit ihrer Putzigkeit passen sie nämlich genau zu unseren Brutpflegemechanismen: «Sie nutzen genau die Reize, auf die wir auch ansprechen, wenn wir Kinder aufziehen». YouTube-Videos und lustige Bilder liefern diese Reize in einer praktischen Dosierung: «Man kann das zur Stimmungsaufhellung machen, das nennt man in der Psychologie «mood management», wie so ein kleines Bonbon». Gummibärchen fürs Gehirn, sozusagen.
Und damit liefert Schwab eine prächtige Metapher für den Katzenwahn des Internets: Süssigkeiten. Gegen ein Bonbon hie und da, eine winziges Vergehen gegen Verstand und Gesundheit, ist freilich nichts einzuwenden. Doch wer schon mal eine ganze Packung Gummibärchen gegessen hat, weiss: Es kann einem auch ordentlich schlecht werden von dem Zeug. Auch beim Gedanken an ein Filmfestival, das sich ausschliesslich Internet-Videos von Katzen widmet, oder an einen allfälligen, abendfüllenden «Grumpy Cat»-Film dürfte manchem auch schon etwas übel werden.