Angenommen, Sie bekommen die oben angezeigte SMS. Was will Ihnen der Schreibende damit sagen? Wenn Sie wissen, dass er aus Grossbritannien stammt und die englische Redensart «es regnet Katzen und Hunde» kennen, können Sie es sich zusammenreimen: Der Absender steht wohl gerade in starkem Regen.
«In manchen Ländern gibt es diese Redensart nicht – und dann ist diese Kombination an Emojis schlimmer als Nonsens. Der Empfänger wird denken, was soll das? Der Hund und die Katze sind nass geworden?»
Mehr als spassige Bildchen
Keith Broni beschäftigt sich täglich mit solchen Fragestellungen. Seit anderthalb Monaten ist der Ire der erste Emoji-Übersetzer der Welt. Eingestellt hat ihn die Londoner Übersetzungsfirma Today Translations, und zwar aus echtem Bedarf: Ein älterer Herr wollte seine Tagebücher für seine Enkelkinder übersetzen lassen – in einen leichter verdaulichen Text mit Emojis. Doch diese Dienstleistung gab es noch nicht.
Die Firma entschied sich dafür, einen Experten einzustellen. «Viele Menschen sehen Emojis nur als spassige kleine Bildchen», sagt Keith Broni, «aber es steckt viel mehr dahinter.»
Die Aufträge des frisch gebackenen Emoji-Übersetzers kommen in erster Linie von Konzernen, die sich mit digitalem Marketing beschäftigen. Will eine Agentur zum Beispiel Menschen in der englischen Stadt Leeds erreichen, dann ist es gut zu wissen, dass dort das blaue Herz häufig verwendet wird. Der Grund: Die Farben des lokalen Fussballteams sind blau und weiss.
Bedeutung verändert sich
Solche Informationen stehen in keinem Wörterbuch. Broni sammelt sie, indem er Twitter-Daten auswertet, die ihm zeigen, welche Emojis wo besonders populär sind und was sie ausdrücken sollen. Es gibt zwar den internationalen Zeichensatz-Standard Unicode, der jedem Emoji einen Namen und einen Code aus Zahlen und Buchstaben zuordnet.
Doch im täglichen Gebrauch verändert sich ihre Bedeutung. Laut einer Untersuchung der Plattform Emojipedia ist das Pfirsich-Emoji in nur sieben Prozent der Fälle als Frucht gemeint. «Die meisten benutzen es als Symbol für das menschliche Hinterteil», so Keith Broni.
Ein neuer Markt
Braucht es wirklich einen Emoji-Übersetzer? Christa Dürscheid, Professorin für deutsche Sprache an der Universität Zürich, findet Bronis Aufgabe durchaus sinnvoll. «Jeder verwendet in der privaten Alltagskommunikation Emojis», sagt die Linguistin. «Deshalb verwundert es nicht, dass Firmen, Werbeagenturen und Autoren auf die Idee kommen, ihre Texte mit Emojis zu gestalten. Das ist ein ganzer Markt, der sich jetzt hier erschliesst.»
Von Übersetzungen kann man aber nicht sprechen, findet Dürscheid. Denn Emojis sind keine Sprache. Sie haben keine Grammatik, können keine komplexen Zusammenhänge ausdrücken.
Emojis vor Gericht
Doch sie nehmen an Bedeutung zu – selbst vor Gericht müssen gelegentlich Emojis interpretiert werden. Zum Beispiel urteilte ein deutsches Arbeitsgericht, die Bezeichnung «fettes Schwein» sei durchaus als Beleidigung zu verstehen – auch wenn das Schwein in Form eines Emojis dargestellt sei.
Ob die aktuelle Begeisterung für Emojis irgendwann abebbt, hängt auch von der technologischen Entwicklung ab. Immer häufiger verschicken wir Sprachnachrichten statt zu texten, oder diktieren unsere SMS ins Smartphone. «Die Frage ist, was passiert dann mit Emojis?», gibt die Linguistin zu bedenken.
Für den Moment gibt sich Keith Broni aber zuversichtlich: «Ich bin sicher, es wird bald noch mehr Emoji-Übersetzer geben.»
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 10.07.2017, 17:22 Uhr