Schaut man in ein Familienalbum, dann sieht man jedes Jahr wiederkehrend auch die Fotos vom Osterfest. Mal im Schnee, mal sieht es schon nach Frühling aus. Schwarzweiss-Aufnahmen erst, dann die ersten Farbfotos, in sattem blau überstrahlt. Osterglocken sind so gelb wie nie mehr sonst. Kinder gehen auf den Fotos mit leuchtend-suchenden Augen durch Gärten, seltsam gebückt, wie pickende Hühner, eine Haltung, die es nur auf den Osterfotos gibt.
Die Haltung an sich ist schon seltsam, schaut man in die Kindergesichter, wird sie noch seltsamer: Man sieht die Gleichzeitigkeit von Suchen und Gewissheit. Aber so suchend die Kinder auch aussehen, die Gewissheit in ihren Gesichtern sagt: «Hasen legen Eier. Das weiss jedes Kind. Nur wo?»
Wo die Eier sind, weiss die Sendung «Antenne» nicht, aber sonst weiss sie alles. Sie berichtet am 11.4.1966 über «Das Ei und wir». (Den ganzen Beitrag sehen Sie hier.) Der erste Teil dreht sich ums rechte Färben. Da scheiden sich bekanntlich die Geister.
Eierfärben ist eine Wissenschaft für sich
Da werden mit Kerbel, Petersilie oder Farn noch Muster kreiert, mit Blüten Farbe appliziert, da wird mit Sud von Zwiebeln natürlich gefärbt und mit Malven seltenes Blau generiert. Da wird gefräst, geritzt und mit Olivenöl und Speck auf Hochglanz poliert.
Osterhasen sind verheiratet
In den 60er-Jahren ist Zeit noch vorhanden und Musse, maschinell Gefärbtes ist noch verpönt. Jahrhundertealte Bräuche sind intakt. Darüber berichtet am 20. April 1962 die Schweizer Filmwochenschau.
In Unterseen im Kanton Bern ist der Osterhase verheiratet, Herr und Frau Hase erscheinen persönlich und verteilen Ostereier.
Auch sehr ausgefallene Bräuche finden sich im Archiv: Die Schweizer Filmwochenschau berichtet von einem Lausanner Brauch. Junge Männer rennen scheinbar um ihr Leben, während zeitgleich ein anderer 300 Eier über ein Fussballfeld wirft. Was es damit auf sich hat?
Im 16. Jahrhundert sei es zu einem Eifersuchtsdrama unter jungen Metzgergesellen gekommen, einer erstach den anderen. Bei der drohenden Exekution konnte der Mörder sein Leben retten, wenn er schneller um den Galgen läuft als ein anderer mit 300 Eiern wirft. Auf so eine Idee muss man erst mal kommen.
Und heute?
Von heute aus gesehen scheint das alles lange her, eine andere Zeit, gar eine eigene Welt zu sein. Das Osterei war in den 60er-Jahren ein Kunstobjekt. Manch einer erinnert sich noch daran: Es gab so schöne Exemplare, die traute man sich kaum zu essen. Die lagen dann herum und spätestens nach der Rückkehr aus den Sommerferien war bestialischer Gestank im Kinderzimmer.
Der Schoggihase war schon damals nicht mehr wegzudenken. «Das Ohr zuerst oder gleich den dicken Boden?» Das war die Frage aller Fragen.
Öl- und Eierkrise
In naturfernen Regionen verstreute sich das industriell fabrizierte «Gras» aus dem «Nest» durchs Kinderzimmer und war nicht wegzubringen. Mütter nervten sich noch mehr als übers Lametta.
In den 70er-Jahren wurde vor Cholesterin gewarnt, Eier waren plötzlich böse. Das kratzte das Osterei wenig.
Über Ostern als Glaubensfest berichtet die «Antenne» und rollt den ganzen historischen Kontext vom alten Testament bis in die Gegenwart auf. Und erklärt nebenbei, warum Ostern jedes Jahr an einem anderen Datum stattfindet.
«Yoga, Dancing, Storytelling»
Familie Obama feierte Ostern vor ein paar Jahren mit einem traditionell im White House stattfindenden Fest. Rares ungeschnittenes Rohmaterial findet sich noch im Archiv.
Da kommt Fergie vorbei und singt kurz die Hymne an, Michelle präsentiert das Angebot: «Yoga, Dancing, Storytelling». Und gesundes Essen! Ostereierrollen auf dem Tennisplatz. Geschichtenerzählen macht der Göttergatte. Für die ganz ganz Kleinen.
Ostern bleibt ein Familienfest. Moden kamen und gingen. Eiertütschen bleibt. Und neue Fotos wird es geben, in digitalen Alben oder in den guten alten mit Papierabzug zum haptischen Blättern statt Wischbewegung.
Wie feiern Sie das Osterfest? Welche Bräuche pflegen Sie?
Schreiben Sie uns unten ins Kommentarfeld.
Und: Frohe Ostern!
Ihr Archivar