Stellen Sie sich vor, Sie wollen die Bücher im Regal alphabetisch ordnen. Das Problem: Sie haben die Bücher nach dem Lesen jahrelang einfach dorthin gestellt, wo gerade Platz war. Wie gehen Sie vor?
Anhand dieser Situation erklären der Wissenschaftsjournalist Brian Christian und der Kognitionspsychologe Tom Griffiths, welche Algorithmen es zum Beispiel beim Sortieren gibt, um die Aufgabe in möglichst kurzer Zeit zu lösen.
Beim Buchregal empfehlen die beiden das Prinzip «Mergesort» (aus dem Englischen: «merge», zusammenführen und «sort», sortieren).
Konkret funktioniert das so: Freunde einladen – möglichst mehr als zwei und immer eine gerade Anzahl. Die Bücher gleichmässig aufteilen und die Freunde ihre Stapel sortieren lassen.
Dann die Stapel jeweils paarweise zusammenführen und diese sortieren. Den Vorgang so lange wiederholen, bis nur noch zwei Stapel übrig sind. Diese dann im Regal zusammenführen.
In «Algorithmen für den Alltag» beschreiben die Autoren detailreich die rechnerisch besten Verfahren für alle wichtigen (und manchmal auch unwichtigen) Entscheidungen: die Auswahl von Bewerbern, den Verkauf einer Liegenschaft oder die Erkundung der Restaurants am neuen Wohnort.
Richtig entscheiden, aber schnell
Dabei zeigen sie, dass gerade bei schwierigen Fragestellungen rational zu entscheiden nicht heisst, alles zu berechnen. Das sei ein Luxus, den sich auch Computer nur bei einfachen Problemen leisten könnten:
«In schwierigen Fällen dienen die besten Algorithmen dazu, im geringsten möglichen Zeitraum das zu tun, was am ehesten sinnvoll ist. Das bedeutet keineswegs, dass sämtliche Faktoren sorgfältig erwogen und alle Berechnungen bis zum Ende durchgeführt werden. Denn dafür ist das Leben einfach zu kompliziert.»
Und das rechnerisch beste Verfahren ist keine Gewähr für Perfektion. Ein Beispiel dafür ist die «37-Prozent-Regel». Sie besagt, dass man bei einem Auswahlprozess nicht entscheiden sollte, bevor man nicht 37 Prozent der Möglichkeiten gesehen hat.
Eine Frage der Wahrscheinlichkeit
Darüber hinaus sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass man eine noch bessere Wahl treffen würde – unabhängig von der Anzahl der Möglichkeiten. Bei der Bewerberauswahl garantiert dies allerdings nur in zwei Drittel der Fälle, dass man tatsächlich den Besten oder die Beste ausgewählt hat.
Damit eröffnet das Buch auch eine neue Sicht auf die Diskussion über Digitalisierung und digitale Transformation. Algorithmen sind die heimlichen Werkzeuge, mit denen unsere Computer arbeiten.
Weder Menschen noch Algorithmen sind perfekt
Weil sie eben nur das möglicherweise beste Verfahren, aber selten die perfekte Lösung liefern, sind sie uns Menschen sehr ähnlich. So gesehen sind Computer und Algorithmen der Spiegel unserer eigenen Unzulänglichkeit. Und haben unsere Nachsicht, aber auch eine gehörige Portion Misstrauen verdient.