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Bauchgefühl vs. Wissenschaft Hilft der Vollmond beim Gebären?

Bei Vollmond gibt es mehr Geburten, sagt der Volksmund. Selbst im Spital hört man das immer mal wieder. Aber stimmt es auch?

Immer wieder befassen sich Forscherinnen und Forscher mit einem möglichen Einfluss des Mondes auf die Geburtenrate. Viele kommen zum Schluss: Bei Vollmond gibt es nicht mehr Geburten als sonst.

Einige finden einen Einfluss des Mondes. Allerdings widersprechen sie sich gegenseitig, wann genau mehr Geburten beobachtet werden. Oder sie werden kritisiert, weil ihre statistische Analyse nicht hieb- und stichfest ist.

Wie könnte der Vollmond Geburten auslösen?

Manchmal wird die Gezeitenkraft verantwortlich gemacht. Diese wirkt von Sonne und Mond ausgehend auf die Meere und führt zur Flut. Bei Vollmond ist die Gezeitenkraft besonders stark, ebenso die Flut, die man deshalb «Springflut» nennt.

Wenn bei Vollmond die Meere besonders stark verformt werden – passiert das vielleicht auch mit der Fruchtblase, sodass die Geburt ausgelöst wird?

Dem ist nicht so. Erstens gibt es Springfluten sowohl bei Vollmond als auch bei Neumond. Wenn die Gezeitenkraft Fruchtblasen platzen liesse, dann müsste es bei Neumond ebenfalls mehr Geburten geben.

Zweitens ist es wichtig zu wissen, wie Gezeitenkraft funktioniert: Die Gezeitenkraft zwischen zwei Objekten ist stark, wenn beide Objekte schwer sind. Und je weiter die Objekte voneinander weg sind, desto schwächer wird die Gezeitenkraft zwischen ihnen.

Der Mond, die Katze und die leichte Fruchtblase

Der Mond ist etwa 30 Erddurchmesser weit von uns weg. Eine unfassbar riesige Distanz! Die Gezeitenkraft des Mondes auf das Meer ist trotzdem stark genug, um eine Flut auszulösen, weil die Meere enorm schwer sind.

Ein Gartenteich ist im Vergleich sehr leicht. Das macht die Gezeitenkraft des Mondes auf den Teich so schwach, dass wir darin keine Flut sehen. Noch leichter ist die Fruchtblase.

Darum ist die Gezeitenkraft des Mondes auf eine Fruchtblase fast gleich Null.

Vollmond
Legende: Die Wirkung, die ihm nachgesagt wird, hat der Vollmond nicht – schon gar nicht beim Gebären. Keystone / Urs Flüler

Zudem wirkt Gezeitenkraft zwischen allen Objekten. Nicht nur der Mond, sondern auch eine Katze kann auf die Fruchtblase wirken. Wenn eine Katze direkt neben dem Bauch der Schwangeren sitzt, dann ist die Gezeitenkraft der Katze auf die Fruchtblase auch fast gleich Null – aber grösser als jene des Mondes. Denn die Katze ist zwar leichter als der Mond, aber viel näher am Bauch.

Bauchgefühl statt Wissen

Trotzdem glauben wir, der Mond beeinflusse uns. Warum? Eine Erklärung dafür ist: Wir neigen dazu, Muster zu sehen. Selbst dort, wo es keine gibt. Dabei wählen wir Informationen unbewusst so aus, dass sie unseren Erwartungen entsprechen.

Wir merken uns jene Vollmondtage, an denen die Geburtenabteilung knallvoll war. Jene Vollmondtage, an denen die Geburtenabteilung leer war, vergessen wir.

Gefeit gegen solche Täuschungen ist niemand – deshalb hält sich vielleicht auch der Glaube hartnäckig, dass der Vollmond Geburten auslöst.

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