Das grosse Japankäfer-Krabbeln ist im norditalienischen Piemont bereits Realität. «In manchen Weinbergen haben wir einen Insektenbefall von über 300, 400 Käfern pro Weinrebe. Über 1000 sogar in einigen Fällen», sagt Giovanni Bosio vom Pflanzenschutzdienst Piemont.
Er hat schon viele vom Japankäfer befallene Pflanzen gesehen. Doch das Schwarmverhalten erstaunt ihn immer wieder aufs Neue: «Sie kommen in Massen und fangen an, die Blätter zu fressen - teils bis zur vollständigen Entlaubung der Pflanzen.» Die Schäden sind massiv.
300 Arten stehen auf dem Speiseplan
Seine effizienten Mundwerkzeuge und sein immenser Appetit machen den Japankäfer besonders gefährlich. Mehr als 300 Pflanzenarten stehen auf seinem Speiseplan: von Wein über Mais bis hin zu Obstbäumen. Aber auch Rosen und Waldbäume verschmäht er nicht. Kaum ein Gewächs ist vor ihm sicher.
Die geradezu explosionsartige Invasion des Schädlings droht sich bis in den Norden Europas auszubreiten. Bedingt durch den Klimawandel herrschen mittlerweile bis nach Skandinavien optimale Bedingungen für den Schädling. 2017 tauchen erstmals Käfer in Pheromonfallen an der südlichen Schweizer Grenze auf. Seit Sommer 2020 gilt der Japankäfer in der Schweiz als etabliert.
Larven im Boden bleiben unentdeckt
Die Bekämpfung des Käfers ist schwierig. In Italien und den USA sind Pestizide gegen den Schädling erlaubt. Diese helfen allerdings nur kurzfristig gegen die Käfer-Invasion und sind auf lange Sicht wenig effizient. Durch den langen Lebenszyklus der Käfer sind mehr Spritzungen als üblich nötig. Zudem wirkt das Gift vor allem punktuell. Die Larven im Boden, sogenannte Engerlinge, bleiben meist unentdeckt.
So entwickeln sich immer wieder neue Befallsherde im Verborgenen. Forschende der Bundesforschungsanstalt Agroscope suchen derzeit nach biologischen Methoden, um die Ausbreitung des Japankäfers nachhaltig zu verlangsamen. Der grosse Hoffnungsträger: ein Pilz.
Dieser wird in den Boden ausgebracht und soll den Japankäfer schon im Larvenstadium bekämpfen. Er wird bereits erfolgreich gegen nahe Verwandte wie Mai- und Junikäfer eingesetzt. Die Methode sei in zweierlei Hinsicht sinnvoll, erklärt die Entomologin Tanja Sostizzo. So würden einerseits die Schäden durch die Engerlinge im Erdreich umgangen und andererseits die Entwicklung zum Käfer verhindert werden.
Tests mit Pilz im Tessin
Der Pilz wird derzeit im Tessin getestet. Auf einem 900 Quadratmeter grossen Versuchsfeld haben Tanja Sostizzo und ihr Team bereits im letzten Herbst Pilzsporen auf mehreren abgesteckten Parzellen ausgebracht. Einige Kontrollfelder blieben unberührt, zum späteren Abgleich.
Die Idee dahinter: Während die Engerlinge im Boden überwintern, infizieren sie sich mit dem Pilz und sterben ab. «Andere Bodenorganismen befällt der Pilz eigentlich nicht, er ist ziemlich spezifisch», entwarnt Tanja Sostizzo. Dies sei ein weiterer grosser Vorteil gegenüber synthetischen Insektiziden.
Erste Auswertungen: kein grosser Effekt
Frühjahr 2021 im Tessin: Bei strahlendem Sonnenschein wird geschwitzt und gebuddelt. Die Auswertung des Feldversuches steht an. Was hat sich wohl in den letzten Monaten im Erdreich getan? Nach mehreren Stunden dann die Ernüchterung: Tanja Sostizzo und ihr Team können auf den ersten Blick keinen deutlichen Pilzbefall der Larven in den behandelten Parzellen feststellen. «Natürlich wäre es schön gewesen, wenn wir schon einen grossen Effekt gefunden hätten.»
Noch ist es zu früh, um eine endgültige Bilanz des Versuchs zu ziehen. Die Laboruntersuchung der Larven steht noch aus. Auch der Pilzstamm könnte in Zukunft weiter angepasst werden. Doch trotz weltweiter Forschung an Pilzen, Nematoden, Bakterien und Parasitoiden als biologisches Mittel gegen den Japankäfer, bleibt der Durchbruch bislang aus. Eines steht für die Forschenden allerdings fest: Dem Käfer das Feld kampflos zu überlassen ist keine Option – auch wenn es ein Wettlauf gegen die Zeit bleibt.