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Sachbuch «Inside the Hot Zone» Berichte aus dem gefährlichsten Forschungslabor der Welt

Mark Kortepeter war Militärarzt und forschte für die USA an Biowaffen. Jetzt hat er ein Buch veröffentlicht über die Arbeit zwischen Machtpolitik und Seuchen.

In seinen Doku-Memoiren «Inside the Hot Zone», das kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie erschienen ist, berichtet der ehemalige US-Militärarzt Mark G. Kortepeter von der Arbeit im gefährlichsten Forschungslabor der Welt.

Hinter dem Namen «United States Army Medical Research Institute of Infectious Diseases», kurz USAMARIID, verbirgt sich eine militärische Forschungseinrichtung, die in Wolfgang Petersens Film «Outbreak» 1995 spektakulär ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wurde.

Forscher in Uniform

Militärforscher arbeiten dort seit 1969 an verschiedenen Gegenmassnahmen, klassischerweise an Impfstoffen, Diagnostika oder Behandlungen gegen Viruserkrankungen.

Die Einrichtung dient nicht nur als wissenschaftliche Aussenstelle des US-Verteidigungsministeriums, sondern auch als internationale Institution, die gegen neu auftretende Infektionskrankheiten weltweit zu Felde zieht.

Zu den Erregern, die hier in den Gefrierschränken lagern, gehören vor allem Viren wie Ebola, das Marburg-Virus, Hanta-Viren, mittlerweile auch das neue Covid 19-Virus sowie das venezolanische Pferdevirus. Daneben auch Bakterien wie Anthrax, Pest und zahlreiche Nervengifte.

Geheimlabor in den Schlagzeilen

«Inside the Hot Zone» liest sich wie ein Medizin-Thriller. Mark Kortepeter zieht darin Bilanz und erinnert sich an dramatische Momente, die immer wieder an den Grundfesten dieser geheimnisumwitterten mikrobiologischen Forschungseinrichtung rüttelten.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde etwa das FBI in Fort Detrick, dem Zuhause der USAMARIID, vorstellig und ermittelte gegen einen Mitarbeiter des Instituts. Er stand im Verdacht, Drahtzieher der tödlichen «Anthrax-Briefe» gewesen zu sein.

ein Foto eines Hassbriefs
Legende: Ein Foto des Anthrax-Briefs, der 2001 an den Senator Tom Daschle geschickt wurde. Keystone / AP Photo / FBI

Der Milzbranderreger wurde im Herbst 2001 unter anderem an US-Senatoren per Post verschickt. Der fälschlicherweise verdächtigte Mitarbeiter nahm sich 2008 das Leben.

Dauerthema: Corona

Mark Kortepeter ist kein Militärarzt mehr, sondern forscht an der University of Nebraska zu Fragen der Infektiologie. Kurz nach der Veröffentlichung seines Buches kam es zum Ausbruch der Corona-Pandemie.

Das Thema ist nun auch am USAMARIID ein heisses Eisen. Beinahe täglich ist Kortepeter im Austausch mit seinen ehemaligen Kollegen, erzählt der Militärarzt: «Wir haben ziemlich schnell von dem Ausbruch erfahren, obwohl es dazu noch einige offene Fragen gibt, etwa wo der Ausgangspunkt des Corona-Ausbruchs genau zu suchen ist. Wir haben den Erreger und sein Genom schnell identifiziert.»

Mit nüchternem Blick

Mit dem Blick des Wissenschaftlers und nicht des ehemaligen Angestellten des Pentagon konzentriert sich Kortepeter auch jetzt auf die wissenschaftlichen Fakten, und nicht auf das Säbelrasseln im Weissen Haus.

Er stimme seinen wissenschaftlichen Kollegen zu, dass das Virus hauptsächlich von Fledermauspopulationen in menschliche Organismen gelangt sei. «Ich denke es ist sehr wichtig, dass wir bald ein internationales Experten-Team nach China schicken können, um dort epidemiologische und virologische Forschungen zu betreiben», so Kortepeter.

«Inside the Hot Zone» gibt spannende Einblicke in eine gefährliche Forscherwelt, die zwischen globaler Machtpolitik und verantwortungsvoller Seuchenbekämpfung auf einem schmalen Grat wandert.

Buchhinweis

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Mark G. Kortepeter: Inside the Hot Zone - A Soldier on the Front Lines of Biological Warfare. Potomac Press 2020.

Nachdenklich stimmt Kortepeter auch, dass über die letzten Jahre die staatlichen Forschungsgelder für Impfstoffe gekürzt wurden, und nun die üppigen Zuwendungen der Bill und Melinda Gates-Stiftung dringender denn je gebraucht werden.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 03.06.2020, 7:20 Uhr

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