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Legendäres Duo im Interview Giacobbo: «Wenn wir den Glauben verlieren, ist die Welt am Arsch»

Wenn Viktor Giacobbo und Mike Müller zusammenkommen, funkt es doppelt. Davon kann man sich ab dem 7. März wieder bei gemeinsamen Auftritten im Zirkus Knie überzeugen. Zuvor war das Duo bei «Gredig direkt» zu Gast.

Viktor Giacobbo & Mike Müller

Komiker-Duo

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Viktor Giacobbo (73) und Mike Müller (61) haben die Schweizer Comedy-Szene über Jahrzehnte hinweg geprägt, ob im Fernsehen mit der Kult-Show «Giacobbo/Müller», auf der Bühne oder im Zirkus. Demnächst treten sie wie schon 2019 wieder gemeinsam im Zirkus «Knie» auf.

SRF: Hat euch die berufliche Zusammenarbeit gefehlt?
Mike Müller: Wir sprechen auch ohne gemeinsame Projekte immer über die Arbeit. Berufliches und Privates sind bei uns schwierig zu unterscheiden.

Gab es den einen Moment, wo ihr wusstet: Das passt mit uns beiden?
Viktor Giacobbo: Das ist schnell passiert. 1995 haben wir in der Redaktion meiner Sendung «Viktors Spätprogramm» davon erfahren, dass jemand den Schriftsteller Peter Bichsel gut imitieren kann.

Mike Müller: Ja, ihr habt mich eingeladen. Für mich war es ein toller Einstieg. Ab da kam ich öfters. Entscheidend ist, dass wir beim Drehen immer Spass hatten.

Ein ähnlicher Humor ist eine Sache, aber wie funktioniert ihr darüber hinaus?
Viktor Giacobbo: Wir kennen gegenseitig unsere Eigenheiten. Betreffend Inhalt, Humor und Ideen haben wir nie grosse Auseinandersetzungen gehabt, sondern uns eher gegenseitig befruchtet.

SRF-intern hiess es: Vor Viktor hat man Respekt, er ist der Strengere.

Viktor Giacobbo: Ich habe durchgesetzt, dass in meiner Sendung der Künstler oder die Künstlerin bestimmt, was geht – und nicht die Vorgesetzten. Die wussten, dass ich sonst aussteige.

Ich bin immer noch der gleiche Kindskopf.
Autor: Viktor Giacobbo

War Mike da das Korrektiv?
Mike Müller: Nein. Ich habe gelernt, dass man sich beim Fernsehen so benehmen muss, mit der Haltung: Wenns nicht so läuft, wie ich will, gehe ich aufs Tram – und zwar gleich.

Kann man das auch beim Zirkus? Bald spielt ihr im neuen Knie-Programm.

Viktor Giacobbo: Für Komiker, die gern live auftreten, ist der Zirkus das Nonplusultra.
Mike Müller: Die Dramaturgie ist anders. Man braucht Sketche, die das Publikum sehr schnell abholen und kann nicht über längere Zeit eine Stimmung aufbauen.

Wie sieht ihr als politisch denkende Menschen die turbulente Weltlage?
Viktor Giacobbo: Man sollte nie ganz den Glauben verlieren, sonst ist man als Welt am Arsch. Beunruhigend ist aber der Blick auf die drei Mächtigsten der Welt: Trump, Putin und Xi Jinping. Alles nicht wirklich Demokraten – und alle drei wollen ihren Einfluss vergrössern.

Fällt es manchmal schwer, noch einen gewissen Humor hineinzubringen?
Mike Müller: Es gibt halt Dinge, wo Humor einfach nicht möglich ist. Humor ist kein Allheilmittel. Zum Teil müssen Humoristen die Klappe halten.

Die Leute sind empfindlicher geworden, vielleicht dünnhäutiger. Geht ihr heute beim Erstellen eines neuen Programms vorsichtiger vor?
Mike Müller: Ich weiss nicht, ob alle dünnhäutiger und vorsichtiger werden.

Das merkst du nicht?
Mike Müller: Nein.
Viktor Giacobbo: Auch ich nicht. Ich habe das Gefühl, ich bin immer noch der gleiche Kindskopf.

Man hört, dass Kleinkunst auf weniger Interesse stösst.
Mike Müller: Die Theater in der Schweiz sind voll. Es berichtet einfach niemand darüber. Die Zeitungen haben sich aus dem Feuilleton zurückgezogen. Die Kleinkunst interessiert nur noch sehr am Rand. Das Schweizer Fernsehen ist auf dem gleichen Trip. Ich frage mich manchmal, ob das auch ein bisschen Eifersucht ist von Branche zu Branche.

Wenn euch ein 30-Jähriger fragt, ob solche Bühnentätigkeit noch eine Zukunft hat, würdet ihr ihm euren Weg empfehlen?
Viktor Giacobbo: Ich würde sagen: Werde Influencer!

Und der Rat von Mike Müller?
Mike Müller: Mach das, was dir gefällt. Ich würde sicher nie jemandem von meinem Beruf abraten.

Das Gespräch führte Urs Gredig.

SRF 1, 27.2.2025, 22:25 Uhr ; 

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