Eveline Widmer-Schlumpf macht es spannend: Noch lässt sich die amtierende BDP-Bundesrätin nicht in die Karten blicken, ob sie am 9. Dezember zur Wiederwahl antritt. Nimmt Widmer-Schlumpf sich allerdings aus dem Rennen, dürfte ihr Sitz der SVP zufallen, darin sind sich die meisten Experten einig.
Kein Wunder also, gewinnt das SVP-Kandidaten-Karussell dieser Tage rasant an Fahrt. Heinz Brand, Hannes Germann, Hansjörg Knecht, Guy Parmelin – diese Namen halten sich hartnäckig als mögliche Anwärter auf das Bundesratsamt. Hinzu kommen Parteiexponenten, die sich gleich selbst ins Spiel bringen wie jüngst der Walliser Oskar Freysinger. Auffällig bei den potentiellen Bundesratskandidaten: Es handelt sich um einen reinen Männerclub. Von geeigneten Kandidatinnen ist keinerlei Rede.
«Es fehlt schlicht die Basis»
Für den Politikwissenschafter Adrian Vatter von der Universität Bern ist das nicht weiter erstaunlich. Bei einer rechtsbürgerlichen Partei wie der SVP seien zwangsläufig nur wenige Frauen in den Räten. Tatsächlich: In ihrer nun 65-köpfigen Nationalratsdelegation hat die SVP gerade mal 11 Frauen. Am meisten Frauen stellt – als Kontrapunkt – derzeit die SP mit 25 von 43 Nationalräten. «Der SVP fehlt schlicht die Basis», sagt Vatter. So sei man bei der Volkspartei als Frau nach wie vor Exotin, auch in der Fraktion. «Da gehört schon einiges dazu, sich so zu exponieren.»
Frauen, die sich davon nicht abschrecken liessen, habe die Partei durchaus gehabt, ergänzt Rosmarie Zapfl, ehemalige Präsidentin von Alliance F und langjährige CVP-Nationalrätin. Sie führt etwa Brigitta Gadient oder Ursula Haller ins Feld. «Ihnen wurde das Gedankengut der SVP aber zu eng, weshalb sie zur BDP wechselten.» Als Bundesratsanwärter brauche es ein klares Profil, viel Erfahrung, Dossiersicherheit – und durchaus eine gewisse Aufmüpfigkeit. Bei den aktuellen, eher jüngeren, SVP-Parlamentarierinnen erkenne sie diese Eigenschaften nicht.
Sind die Frauen selbst schuld?
Auch Politikwissenschafter Vatter sieht im Moment keine SVP-Politikerin, die sich als Kandidatin anbieten würde. «Bei Magdalena Martullo-Blocher könnte ich mir am ehesten vorstellen, dass sie in die Rolle hineinwächst. Allerdings muss sie sich nun zuerst im Nationalrat beweisen», sagt Vatter.
Bei Magdalena Martullo-Blocher könnte ich mir am ehesten vorstellen, dass sie in die Rolle hineinwächst.
Von einem Mangel an valablen Kandidatinnen will Judith Uebersax, Präsidentin SVP Frauen Schweiz, jedoch nichts wissen. Namen werde sie zwar keine nennen, «aber es laufen entsprechende Gespräche». Dass auf der (inoffiziellen) Liste potentieller Bundesratskandidaten nur Herren zu finden sind, führt Uebersax vielmehr auf weibliche Zurückhaltung zurück. «Während Männer sich über ihre Netzwerke selbst ins Spiel bringen, warten Frauen darauf, gefragt zu werden.» Als Bundesratskandidat gehandelt zu werden, komme für einen Mann einem Karrieresprung gleich. «Frauen sind vorsichtiger und fürchten die Folgen, sollten sie nominiert und schliesslich nicht gewählt werden», ist Uebersax überzeugt.
An Wählerinnen mangelt es jedenfalls nicht
Fest steht: Die Schweizer Volkspartei verspürt von aussen wenig Druck, zwingend eine Kandidatin aufs Tapet zu bringen. «Nach Phasen mit vier und nun drei Bundesrätinnen hat das Thema in der Öffentlichkeit an Brisanz verloren», sagt Politikwissenschafter Vatter. Das beste Beispiel dafür seien die Parlamentswahlen vom vergangenen Sonntag. «Laut Umfragen wurde die SVP etwa gleich stark von Männern wie von Frauen gewählt.» Dass die Förderung von Politikerinnen bei der Partei nicht oberste Priorität geniesse, störe viele Wählerinnen also offenbar nicht.
Definitiv nominieren wird die SVP ihre Bundesratskandidaten am 20. November.