Der Pharaonenibis, auch als heiliger Ibis bezeichnet, stammt ursprünglich aus Afrika und dem Nahen Osten. Auch in Ägypten war er lange verbreitet und wurde dort als göttliches Symbol verehrt. Er tauchte bereits vor über 2000 Jahren in Hieroglyphen auf.
In den 1970er- und 1980er-Jahren wurde er dann aufgrund seines kuriosen Aussehens an verschiedene Zoos in ganz Europa verkauft, vor allem in Frankreich. Einige der Tiere sind jedoch aus den Zoos entkommen und haben sich an das europäische Klima angepasst, sodass sie in Frankreich und Italien zu einer invasiven Art geworden sind, die die heimische Fauna bedrohen. Nun ist der Vogel auch im Tessin, genauer in der Magadino-Ebene, angekommen.
«Wir sind etwas besorgt, weil es sich um eine Art handelt, die in Norditalien grosse Probleme verursacht: Der Pharaonenibis ist invasiv und für einheimische Arten sehr gefährlich», erklärt die Ornithologin von Ficedula, der Vogelschutzorganisation der italienischen Schweiz, Chiara Scandolara, gegenüber dem Radio und Fernsehen der italienischsprachigen Schweiz (RSI).
«In Norditalien wurden ganze Kolonien von Graureihern und anderen Arten von diesen Ibissen zerstört», warnt Scandolara. Als Eierräuber könnte er jedoch auch als Regulator eines Schädlings nützlich werden. «Es ist auch eine Art, die bei der Bekämpfung des Louisianakrebses helfen könnte, der ebenfalls im Tessin weit verbreitet ist.»
Der Fall des Halsbandsittichs
Der Pharaonenibis ist nicht die einzige aussergewöhnliche Vogelsichtung im Tessin der vergangenen Tage. «In den letzten Wochen haben wir viele Meldungen von einem grossen, grünen Papagei erhalten», führt Scandolara weiter aus. «Dank Fotos und Videos aus der Bevölkerung konnten wir feststellen, dass es sich um frei lebende Halsbandsittiche handelt, die in Bellinzona, Gudo, Ascona, Losone und auch in der Region Lugano gesichtet wurden.»
Der Halsbandsittich stammt ebenfalls aus Afrika, aber auch aus Asien, und hat sich – aufgrund von Flucht oder absichtlicher Aussetzung – inzwischen in verschiedenen Regionen Europas niedergelassen. «Es ist ein sehr schönes Tier. Allerdings ist auch er nicht ganz unproblematisch, denn diese Sittich-Art konkurrenziert jene heimischen Vögel, die in Hohlräumen nisten. Insbesondere in Städten kann sie den bedrohten Mauerseglern Probleme bereiten», warnt Scandolara.
«Es ist klar, dass diese neuen Arten nicht unbedingt positiv sind für die Biodiversität. Man muss beobachten, welche Arten sich ausbreiten und welche in der Zwischenzeit verschwinden», sagt die Ornithologin weiter.