1840 eröffnete der Kanton Graubünden die «Zwangsarbeitsanstalt Fürstenau», die 1855 in die nahe gelegene Arbeitsanstalt Realta nach Cazis übersiedelte und in der Folge auch als «Korrektionanstalt Realta» bezeichnet wurde. Dort wurden Personen, die nicht der Norm entsprachen, jahrelang weggesperrt. Das geht aus einer am Donnerstag in Chur vorgestellten Studie hervor, die im Auftrag der Bündner Regierung angefertigt wurde.
Die Anstalt Realta im mittelbündnerischen Cazis war bis Mitte der 1970er Jahre ein für die Schweiz wichtiger Vollzugsort für administrative Versorgungen. In der Studie heisst es, wie es dazu gekommen sei, dass Graubünden in der administrativen Anstaltsversorgung eine Pionierrolle eingenommen habe, müssten weitere Forschungen klären.
Die Studie nennt auch Zahlen. Zwischen 1855 und 1981 sollen in Realta 1500 Personen «versorgt» worden sein. Etwa 75 Prozent der Betroffen waren männlichen Geschlechts. Schweizweit wird von 50'000 bis 60'000 administrativ versorgten Personen ausgegangen.
Knapp formulierte Vorschriften eröffneten oftmals heillos überforderten Behörden einen grossen Ermessensspielraum bei der Begründung von Versorgungsentscheiden. Die wichtigste Rolle bei den Anordnungen spielten die auf Kreisebene agierenden Vormundschaftsbehörden, die seit 1851 existierten und erst 2013 durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) abgelöst wurden.