- Bei der zweiten Runde der Parlamentswahl in Litauen sind die Sozialdemokraten stärkste politische Kraft geworden.
- Die Regierungspartei wird neu zweitstärkste Kraft im Land, auch ihre beiden liberalen Koalitionspartner verlieren an Zustimmung.
- Damit zeichnet sich ein Machtwechsel im baltischen EU- und Nato-Land ab.
Die oppositionellen Sozialdemokraten halten nach der zweiten Wahlrunde voraussichtlich 52 der insgesamt 141 Sitze im Parlament Litauens. Dies teilte die Wahlkommission in Vilnius nach Auszählung nahezu aller Wahlbezirke mit. Die Partei strebt nun eine Mitte-Links-Koalition mit zwei weiteren Oppositionsparteien an.
Chef der Regierungspartei räumt Niederlage ein
Zweitstärkste Kraft wird mit 28 Sitzen die regierende konservative Vaterlandsunion von Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė. Auch deren beiden liberale Koalitionspartner verloren – eine davon verpasste sogar ganz den Einzug ins Parlament.
Vaterlandsunion-Chef Gabrielius Landsbergis räumte nach Bekanntgabe der Ergebnisse die Niederlage seiner Partei ein und gratulierte den Sozialdemokraten.
«Ich bin dem litauischen Volk sehr dankbar, dass es so aktiv für uns, die Sozialdemokraten, gestimmt hat», sagte die Parteichefin und bisherige EU-Abgeordnete Vilija Blinkeviciute bei der Wahlparty, auf der sie mit Applaus und «Danke!»-Rufen begrüsst wurde.
«Die Wahlergebnisse haben gezeigt, dass die Menschen in Litauen, egal wo sie leben – in Grossstädten, Kleinstädten oder Dörfern – Veränderungen wollen. Sie brauchen eine völlig andere Regierung.»
Machtwechsel dürfte vor allem Innenpolitik verändern
Ein Regierungswechsel würde in Litauen, das an die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad und Moskaus Kriegsverbündeten Belarus grenzt, vor allem zu innen- und sozialpolitischen Veränderungen führen.
Aussen- und sicherheitspolitisch dürfte der Baltenstaat weiter klar auf EU- und Nato-Linie bleiben und an seiner entschlossenen Unterstützung der Ukraine festhalten.
Als mögliche Koalitionspartner der Sozialdemokraten gelten die Partei Für Litauen (14 Sitze) und der Bund der Bauern und Grünen (8 Sitze). Die Dreier-Koalition würde auf eine knappe Mehrheit im Parlament kommen, in dem auch noch die neu gegründete populistische Partei Morgenröte von Nemunas (20 Sitze) vertreten ist.
Zudem gelang auch noch mehreren kleineren Parteien und unabhängigen Kandidaten der Sprung in die Volksvertretung Seimas. Die Wahlbeteiligung lag bei gut 41 Prozent.
Schon nach Umfragen und dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen galt ein Erfolg der Sozialdemokraten als wahrscheinlich. Damals wurden 70 Sitze nach dem Verhältniswahlrecht und acht Direktmandate vergeben, die übrigen 63 Mandate wurden nun am Sonntag in Stichwahlen entschieden.