- CDU, CSU und SPD haben Verhandlungen für eine grosse Koalition («Groko») in Berlin in den Arbeitsgruppen fortgesetzt.
- Bei den Verhandlungen harzt es nach wie vor beim Thema Migration.
- Auch nach einem stundenlangen Treffen der Parteispitzen von CDU, CSU und SPD gab es keine Einigung etwa in der Frage, ob Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus Familienmitglieder nachziehen dürfen.
Trotz anhaltender Differenzen in Kernthemen haben die Parteispitzen ihre Bereitschaft zu Kompromissen bei ihren Koalitionsverhandlungen betont.
Es sei «der feste Wille vorhanden, Lösungen zu finden», sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), nach dem Treffen der 15 Spitzenvertreter von Union und SPD in einem mit allen Seiten abgestimmten Statement. Zuvor hatte es zum Start der Koalitionsverhandlungen bei den Streitthemen Migration und Gesundheit keine sichtbaren Annäherungen gegeben.
Keine Bürgerversicherung durch die Hintertür
Die Arbeitsgruppe Migration soll im Laufe des Tages beim Thema Familiennachzug für Flüchtlinge mit geringem Schutzstatus Lösungsmodelle erarbeiten. Darüber hinaus berät erstmals die Arbeitsgruppe Gesundheit. Die SPD erhofft sich hier Nachbesserungen des Sondierungsergebnisses. Die Union signalisierte zwar Entgegenkommen. Aber SPD-Forderungen nach einer vollständigen Angleichung der Arzthonorare für gesetzlich und privat Versicherte wies Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in der «Bild am Sonntag» zurück. Dies sei nichts anderes als die Bürgerversicherung durch die Hintertür.
Sowohl CDU als auch SPD haben mit Gesundheitsminister Hermann Gröhe und der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer wichtige Vertreter in diese Gruppe entsandt. Dreyer zeigte sich zuversichtlich, dass man zu guten Ergebnissen kommen werde, da bereits über das Wochenende viele Vorabsprachen getroffen worden seien.
Es wird intensiv gearbeitet und auch hart um Lösungen gerungen
Grosse-Brömer (CDU) sagte, man habe bei dem Treffen sehr intensiv über Arbeitsmarktpolitik, Migrationspolitik, Gesundheitspolitik diskutiert. Es werde «intensiv gearbeitet und auch hart um Lösungen gerungen».
Der CSU-Unterhändler Joachim Herrmann beharrte bei der Flüchtlingsaufnahme auf der Zielmarke von nicht mehr als 220'000 Menschen. Bayerns Innenminister forderte die SPD in der «Passauer Neuen Presse» dennoch auf, «einen Vorschlag zu machen, wie sie sich die konkrete Ausgestaltung beim Thema Familiennachzug vorstellt».
Dies könnte als Signal an die SPD verstanden werden, dass bei den Härtefallregelungen doch noch Spielraum ist. In den Sondierungsgesprächen hatten Union und SPD vereinbart, den Familiennachzug eng zu begrenzen: auf 1000 Menschen pro Monat. Die SPD will eine weitergehende Härtefallregelung erreichen. CDU und CSU lehnen dies ab.
Fortschritte in der Landwirtschaft
Dagegen gab es Fortschritte beim Thema Landwirtschaft. CDU-Vize Julia Klöckner twitterte, die erste Verhandlungsrunde zum Thema Landwirtschaft «war intensiv, konstruktiv und sehr zielgerichtet».
Derweil forderte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag die Koalitionsunterhändler erneut zu einer Entlastung der Unternehmen auf. «Wir müssen jetzt in Deutschland die Grundlage für unseren Wohlstand und die neuen Arbeitsplätze der Zukunft schaffen», sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Ein Leitbild einer neuen Regierung muss sein, die Wirtschaft im Interesse der Bürger zu stärken.»
Schulz lässt sich Option für einen Ministerposten offen
Die Verhandlungen in den Arbeitsgruppen sollen bis Freitag abgeschlossen sein. Am darauffolgenden Wochenende (3. und 4. Februar) sollen dann die Ergebnisse durch die Parteiführungen abgesegnet werden. Sollte diese kurze Frist nicht ausreichen, sind zwei weitere Puffertage eingeplant.
SPD-Chef Martin Schulz hielt sich trotz parteiinternen Drucks die Option offen, als Minister in ein viertes Kabinett Merkel zu gehen. Er sagte in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin», die Mitglieder entschieden, ob die SPD in eine Koalition eintreten dürfe. «Und dann weiss man, wer in die Regierung gehen kann.» Vor allem von der Parteilinken war er wiederholt aufgefordert worden, auf einen Ministerposten zu verzichten.