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In Zeiten des Brexit wird in Irland über die Wiedervereinigung nachgedacht
Aus Echo der Zeit vom 17.08.2019. Bild: Keystone
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Gedankenspiele auf der Insel Wie realistisch ist die irische Wiedervereinigung?

In Zeiten des Brexit denken in Irland und in Nordirland immer mehr Leute über eine Wiedervereinigung der beiden Inselhälften nach. Die EU machte die Grenze zwischen Irland und Nordirland de facto unsichtbar. Der geplante Austritt Grossbritanniens aus der EU, der Brexit, bringt diese Trennlinie wieder zum Vorschein. Eine Wiedervereinigung könnte dieses Problem lösen. Wie realistisch ist das? Grossbritannien- und Irland-Korrespondent Martin Alioth, schätzt die Lage ein.

Martin Alioth

Ehemaliger Grossbritannien- und Irland-Korrespondent, SRF

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Der ehemalige Grossbritannien- und Irland-Korrespondent von Radio SRF lebt seit 1984 in Irland. Er hat in Basel und Salzburg Geschichte und Wirtschaft studiert.

SRF News: Was müsste geschehen, damit über die irische Wiedervereinigung abgestimmt würde?

Martin Alioth: Das Karfreitagsabkommen von 1998 sieht eine parallele Volksabstimmung in Nordirland und in der Republik Irland vor. Die Modalität ist etwas schwammig. Es ist der britische Nordirland Minister, der auf Grund eines Eindrucks, dass es eine Mehrheit in Nordirland für eine Wiedervereinigung geben könnte, ein solches Referendum anberaumt.

In Nordirland gibt es anteilmässig immer mehr Katholiken. Wird so auch die Wiedervereinigung mit dem katholischen Irland langsam mehrheitsfähig?

Ja. Das eine folgt aber nicht zwingend aus dem anderen. Es stimmt, dass gerade in der jüngeren Generation Katholiken schon längst die Mehrheit stellen. Wahlergebnisse zeigen, dass die beiden Glaubensgemeinschaften grob paritätisch sind. Das es aber auch einen wachsenden Anteil von Stimmbürgern gibt, die weder noch bevorzugen.

Die Wiedervereinigung wäre ein langer, komplexer Prozess.
Autor: Martin AliothGrossbritannien- und Irland-Korrespondent

Aber in der Vergangenheit, als die Katholiken 40 oder 45 Prozent der Bevölkerung ausmachten, lag die Zustimmung für die irische Wiedervereinigung trotzdem bei nur 15 bis 20 Prozent. Das heisst, das Ereignis, das den Meinungsumschwung der letzten Monate verursacht hat, ist der bevorstehende Brexit.

98 Jahre sind vergangen seit Irland geteilt wurde. Was müsste denn alles geschehen damit diese Insel wieder zu sich findet?

Ich glaube, es wäre ein langer, komplexer Prozess, der ganz bestimmt nicht, wie die nationalistische irische Partei Sinn Fein das verlangt, mit einem Ja-Nein-Referendum beginnen sollte. Das haben wir ja jetzt beim Brexit gelernt. Dass das ziemlich verderblich ist, wenn man als Erstes die binäre Frage stellt und sich dann überlegt, wenn ein ungewöhnliches Resultat rauskommt, was man damit macht.

Im Fall Irlands, der angesichts des vergangenen Konflikts viel brisanter ist, müsste eine jahrelange Konsultation über die Möglichkeit eines vereinigten Irland mit den Protestanten stattfinden und es müsste auch klar sein, dass das nicht einfach die Einverleibung Nordirlands durch die Republik bedeuten kann sondern dass ein neuer, gemeinsam vereinbarter Staat entstehen könnte.

Wie würde sich denn London heute verhalten, wenn Nordirland sich abspalten möchte?

Ich glaube London wäre nicht das Problem. Die britische Regierung hat im Karfreitagsabkommen von 1998 klipp und klar gesagt: Die Insel Irland hat ein Selbstbestimmungsrecht. Was auch immer die Bevölkerung der Insel Irland vereinbart, werden wir ausführen und umsetzen – vorausgesetzt die beiden Teile der Insel sind sich einig. Das ist gegeben.

Und es kommt hinzu, dass wir in den letzten Monaten mehrfach gesehen haben, dass die Basis der in London regierenden Konservativen Partei sich einen Teufel um Nordirland und Schottland schert. Wenn sie gefragt wird, ob sie auf den Brexit verzichten wolle, wenn Schottland und Nordirland dadurch nicht mehr Teil des Vereinigten Königreichs wären, lautet die Antwort mehrheitlich: Nein, wir wollen den Brexit.

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

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Derry 1969: Ein Volksaufstand wird zum Fanal
aus International vom 17.08.2019. Bild: Keystone
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