Mehr als 20 Jahre nach den Massakern an Muslimen im bosnischen Srebrenica hat ein Gericht den niederländischen Staat erneut für den Tod 350 Opfern mitverantwortlich gemacht.
Das Berufungsgericht in Den Haag hob allerdings ein Urteil aus erster Instanz teilweise auf. Es stellte nur eine begrenzte Verantwortung des Heimatstaates der damaligen UNO-Soldaten für die von Serben verübten Kriegsverbrechen fest. Angehörige von Opfern hatten eine Zivilklage gegen die Niederlande angestrengt.
Die Vorgeschichte
- Im ostbosnischen Srebrenica ermordeten bosnisch-serbische Truppen nach der Eroberung der Enklave im Juli 1995 rund 8000 Männer und Jungen. Niederländische Blauhelm-Soldaten hatten den Angreifern unter General Ratko Mladic die UNO-Schutzzone kampflos überlassen.
- Im Jahr 2014 entschied ein Zivilgericht in erster Instanz, dass die Niederlande ausdrücklich nicht für den Fall der Enklave Srebrenica und den Tod aller Opfer verantwortlich gemacht werden kann. Die UNO-Soldaten hätten allerdings unrechtmässig an der Deportation von mehr als 300 Männern von ihrem Militärgelände mitgewirkt.
- Für den Völkermord von Srebrenica muss sich Ex-General Mladic in Den Haag vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal verantworten. Ende 2017 wird das Urteil erwartet.
Einschätzung von SRF-Mitarbeiterin Elsbeth Gugger
Erstmals wurde ein Heimatstaat von UN-Truppen für Kriegsverbrechen mitverantwortlich gemacht. Wenn nun ein Staat für Handeln seiner Friedenssoldaten verantwortlich gemacht wird, könnte das eine Signalwirkung für kommende Friedenseinsätze haben. Ein Staat könnte sich sagen: Wenn ich unter dem UNO-Schirm nicht mehr immun bin, schicke ich lieber keine Soldaten mehr in ein Krisengebiet. |