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Alexis Tsipras von vorne im Gespräch mit François Hollande von hinten aufgenommen
Legende: Auf Konfrontationskurs: Wird Alexis Tsipras, hier im Gespräch mit François Hollande, «Chicken» oder Sieger der Verhandlungen? Keystone

International Griechenland-Poker: Keiner will das «Chicken» sein

Taktik spielt im Schuldenstreit zwischen der EU und der neuen griechischen Regierung eine eben so wichtige Rolle wie die wirtschaftlichen Argumente. Mit Drohungen ist Griechenland gescheitert, nun verhält sich das Land wie im «Chicken»-Spiel.

In den Verhandlungen um die Schulden Griechenlands drängt die Zeit: Spätestens am 16. Februar muss eine Lösung vorliegen, soll das laufende Hilfsprogramm des Euro-Krisenfonds doch noch verlängert und Griechenland vor dem Staatsbankrott bewahrt werden. Doch die neue griechische Regierung und die Euro-Finanzminister halten stur an ihrem Kurs fest und sind ungebremst auf Kollisionskurs.

Video
Keine Einigung mit Griechenland
Aus Tagesschau vom 12.02.2015.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 28 Sekunden.

Halbstarkenspiel schafft es in die Theorie

Genau so wie im Feiglingsspiel (Chicken game), das amerikanische Jugendliche in den 50er-Jahren gespielt haben sollen: Zwei Halbstarke sitzen in ihren Autos und rasen frontal aufeinander zu. Wer zuerst ausweicht, beweist seine Angst, hat verloren und ist der Feigling, das «Chicken». Im Film «Rebel without a cause» («Denn sie wissen nicht, was sie tun», 1955) mit James Dean ist eine Variante dieses Spiels zu sehen.

Das Feiglingsspiel ist Bestandteil der Spieltheorie, die zur Erklärung von internationalen Beziehungen oder Entscheiden in Konfliktsituationen herangezogen wird. In der Theorie entspricht dieses Spiel einer einfachen Mutprobe, die nur zwei Strategien für die zwei Mitspieler kennt: ausweichen oder weiterfahren. Wer ausweicht, hat verloren, der andere gewinnt. Fahren aber beide weiter, so nützt das keinem, denn beide riskieren ihr Leben.

EU im Vorteil

In diesem Muster gefangen ist derzeit der Schuldenstreit zwischen der EU und der neuen griechischen Regierung, wobei letztere beim schlecht möglichsten Ausgang der Verhandlungen (Staatsbankrott Griechenlands) wohl mehr zu verlieren hat. Die EU kann sich somit ein Festhalten an ihrem Kurs eher leisten als die Griechen.

Denn deren Bankrott wäre heute trotz allen Währungs- und Börsenturbulenzen besser verkraftbar als im Jahr 2012, in dem der Euro-Rettungsschirm aufgespannt wurde. So haben europäische Banken im Gegensatz zu damals kaum noch offene Kredite in Griechenland, weil die Staaten und damit letztlich die Steuerzahler nun für dessen Schulden haften. Zudem hat die EZB ein klares Bekenntnis zur Verteidigung des Euro abgegeben.

Drohungen wirkten kontraproduktiv

Bevor sich die Griechen auf das Feiglingsspiel einliessen, versuchten es Premier Alex Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis mit Drohen und Angstmachen: Werde das Land durch die harte Haltung der EU aus dem Euro gedrängt, so folgten unweigerlich andere schwächere Staaten wie Portugal oder Italien, argumentierten sie. Und dann werde die gesamte Währungsunion wie ein Kartenhaus zusammenbrechen.

Doch das verfing nicht: Statt dass Varoufakis die Euro-Länder auseinander dividieren konnte, brachte er seine Amtskollegen auf die harte Linie Deutschlands. Länder wie Spanien oder Portugal, die nach harten Reformprogrammen wieder Hoffnung schöpfen, sind mit dem Bild des einstürzenden Kartenhauses alles andere als einverstanden und wollen nicht vergeblich gespart haben.

Jetzt wollen sie das «Chicken-Spiel» erst recht nicht von sich aus abbrechen und als «Feiglinge» dastehen.

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