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«GroKo»-Sondierungen in Berlin «Die SPD muss sich hinter verschlossenen Türen sortieren»

Die «Jamaika»-Gespräche seien zur Quatschbude verkommen, sagt Journalist Matthias Meisner: Er rät zu Zurückhaltung.

Keine Talkshows. Keine Interviews oder medienwirksame Inszenierungen. Keine Kommentare auf Facebook. Kein Live-Twittern. So lautet die Vereinbarung zwischen CDU, CSU und SPD für die Zeit der Sondierungsgespräche, die gestern begonnen haben.

Matthias Meisner, Politik-Redakteur beim Berliner «Tagesspiegel» sagt, ob der sportliche Fahrplan eingehalten werden kann – und warum Schweigen diesmal tatsächlich Gold ist.

SRF News: Was steckt hinter dem strikten Schweigegelübde?

Es geht vor allem darum, die Sache besser zu machen als im Herbst. Damals haben CDU, CSU, FDP und Grüne über eine «Jamaika»-Koalition verhandelt. Die Sondierungen wirkten wie eine Quatschbude. Ständig wurde irgendetwas durchgesteckt, die Politiker haben sich auf dem Balkon der parlamentarischen Gesellschaft inszeniert. Diesmal soll ein Durcheinanderreden vermieden werden. Die Sondierungsgespräche sollen straff geführt werden und bis Donnerstag abgeschlossen sein.

Halten sich die Politikerinnen und Politiker bis jetzt daran?

Es ist nicht so, dass gar nichts gesagt wurde. Am Sonntagabend ist der Generalsekretär der SPD, Lars Klingbeil, vor die Medien getreten. Er hat im Namen aller beteiligten Parteien gesprochen. Letztlich blieb es aber bei Allgemeinplätzen: Klingbeil verkündete einen «neuen politischen Still» oder sagte, «eine neue Zeit brauche eine neue Politik». Das waren Dinge, die jeder unterschreiben kann und nichts Inhaltliches.

Die Bevölkerung hat einen gewissen Respekt davor, wenn sich Politiker nicht auf offener Bühne streiten, sondern versuchen, ein Problem zu lösen.

Für die Parteien sind die Sozialen Medien ein Druckmittel: Dort kann man sich Gehör verschaffen. Ist das vereinbarte Schweigegelübde für den Junior-Partner SPD und die CSU nicht ein Nachteil?

Gerade die SPD hat es bitter nötig, sich erst einmal hinter verschlossenen Türen zu sortieren. Bei der Bundestagswahl im September hat sie sehr schlecht abgeschnitten. Es gibt sehr viele offene Personalfragen, etwa, ob Martin Schulz Parteichef bleiben darf. In dieser Situation Diskussionen öffentlich zu führen, wäre ganz schlecht – egal ob über Facebook, Twitter oder in Interviews. Es steht ohnehin Spitz auf Knopf, ob die Grosse Koalition zustande kommt oder nicht.

In der SPD gibt es noch viel Widerstand gegen die Grosse Koalition.

Gleichzeitig dienen Interviews und die Sozialen Medien auch dazu, Nähe zu schaffen zur Bevölkerung. Die wird jetzt im Dunkeln gelassen. Gibt es Kritik von Seiten der Bevölkerung?

Ich glaube, dass es in der Bevölkerung gut aufgenommen wird, dass die Gespräche nicht so laufen wie im Herbst. Sie hat einen gewissen Respekt davor, wenn sich Politiker nicht auf offener Bühne streiten, sondern versuchen, ein Problem zu lösen. Natürlich gibt es nach der monatelangen Hängepartie die Erwartung, dass sich die Parteien verständigen. Es bleibt ja kaum eine andere Lösung als eine Grosse Koalition, nachdem «Jamaika» gescheitert ist. Es blieben nur noch eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen.

Die Idee ist also, die Sondierungsgespräche so geräuschlos wie möglich hinter sich zu bringen. Vergrössert diese Abmachung zum Schweigen die Chance, dass die Gespräche zu einem Ziel führen?

In der SPD gibt es noch viel Widerstand gegen die Grosse Koalition. Das betrifft mehrere wichtige Landesverbände wie Nordrhein-Westfalen, aber auch aus Rheinland-Pfalz oder Thüringen gibt es Kritik. Die Jungsozialisten sind strikt gegen die Grosse Koalition. All diese Kritiker lassen sich nur dann überzeugen, wenn sich die Parteiführung hinter verschlossenen Türen auf einen Vorschlag einigt, der gut genug formuliert ist, um die Parteigremien zu überzeugen. Schliesslich muss bei der SPD ein Bundesparteitag über die formelle Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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