Die Hongkongerinnen und Hongkonger haben mit ihrer Wahl ein unmissverständliches Zeichen gesetzt. Sie unterstützen die Demokratie-Bewegung, die die Stadt seit Monaten in Atem hält.
Für die ohnehin unbeliebte Regierungschefin Carrie Lam ist das Wahlresultat eine herbe Niederlage. Der Sieg der demokratischen Kräfte ist breit abgestützt, fast drei Millionen Hongkongerinnen und Hongkonger haben ihre Stimme abgegeben, die Wahlbeteiligung war mit über 70 Prozent so hoch wie nie zuvor.
Die Proteste haben die Wählerinnen und Wähler offensichtlich mobilisiert. Bei den Wahlen vor vier Jahren betrug die Wahlbeteiligung gerade mal 47 Prozent. Das Argument, dass die meisten Hongkonger genug von den Protesten hätten und zurück zu ihrem Alltag wollten, zieht nun nicht mehr.
Inoffizielles Referendum gegen die Regierung
Die Bezirksräte haben kaum politische Macht. Sie üben eine beratende Funktion aus und sind für die Anliegen der Bewohnerinnen und Bewohner in ihren jeweiligen Stadtvierteln zuständig. Dass diese lokalen Wahlen dieses Mal weit über Hongkong hinaus für Aufsehen sorgen, hat mit den Protesten zu tun.
Ihr Parlament können die Hongkonger nur beschränkt wählen, ihre Regierungschefin gar nicht. Bleiben die Bezirksratswahlen als einzige Möglichkeit der Hongkonger, sich an den Urnen Gehör zu verschaffen.
Deshalb gelten die Wahlen als Barometer für die Stimmung in der Bevölkerung. Sie sind zu einem inoffiziellen Referendum zur Zufriedenheit der Hongkonger mit ihrer Regierung geworden.
Indirekter Sieg für Joshua Wong
Grund zum Jubeln hat auch der bekannte Demokratie-Aktivist Joshua Wong. Er wurde zwar von den Behörden disqualifiziert und durfte nicht für die Bezirkswahlen kandidieren. Dafür wurde jetzt Kelvin Lam gewählt – jener Kandidat, der für Wong einsprang.
Gegenüber SRF sagte Joshua Wong bereits vor der Wahl, nach seiner Disqualifizierung würden die Menschen erst recht sein politisches Lager unterstützen. Dafür wurden die meisten Kandidatinnen und Kandidaten des Pro-Peking-Lagers von den Wählern abgestraft.
Wird sich Peking beeindrucken lassen?
So ist der Wahlausgang nicht zuletzt ein Signal an die Zentralregierung in Peking, gegen deren zunehmende Einmischung in die Sonderverwaltungszone Hongkong.
Inwiefern sich Peking vom Resultat beeindrucken lässt, ist schwer zu sagen. Eine zentrale Forderung der Demokratie-Bewegung ist das allgemeine Wahlrecht. So dürfen die Hongkongerinnen und Hongkonger ihre Regierungschefin noch immer nicht selbst wählen.
Stattdessen wird sie von einem Wahlgremium bestimmt, das von Peking freundlich gesinnten Vertretern dominiert wird. Die Chancen stehen nicht besonders gut, dass die Zentralregierung die Forderung nach freien Wahlen in absehbarer Zeit erfüllen wird.
Doch: Nach dem heutigen Wahlresultat einfach zur Tagesordnung überzugehen, können sich weder die Hongkonger noch die Pekinger Regierung erlauben. Die Hongkonger Bevölkerung hat ihre Forderung klargemacht: Sie will mehr Demokratie.