Der in Marseille von randalierenden Fussball-Fans verprügelte Brite befindet sich laut Staatsanwaltschaft weiter in einem «kritischen», aber inzwischen stabilen Zustand.
Insgesamt hatte es bei den Ausschreitungen zwischen russischen und britischen Fussballfans mindestens 35 Verletzte gegeben, darunter befanden sich offenbar auch Unbeteiligte. Der in Lebensgefahr schwebende Engländer sei von einer Eisenstange «wahrscheinlich am Kopf» getroffen worden, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.
Von den Tätern fehlt weiterhin jede Spur. «Die Angreifer konnten nicht identifiziert werden», musste Brice Robin, Staatsanwalt der südfranzösischen Stadt, eingestehen. Die Erfolgsbilanz der Behörden ist bislang niederschmetternd.
«Perfekt vorbereitete» russische Hooligans entkamen
Derweil sind ein Franzose und fünf Engländer zu Haftstrafen verurteilt worden. Der 29 Jahre alte Franzose muss wegen Diebstahls und Gewalt für ein Jahr ins Gefängnis. Die Engländer erhielten in Schnellverfahren Haftstrafen von ein bis drei Monaten sowie ein zweijähriges Einreiseverbot.
Der Franzose wurde durch Videoaufnahmen überführt. Bei den Ausschreitungen am Alten Hafen schlug und trat der Mann demnach auf mindestens drei Personen ein, die nicht identifiziert wurden. Zudem stahl er eine Fahne sowie das Trikot eines englischen Fans.
Schuldig waren angesichts der Bilder aber wohl viel mehr Personen. Mindestens 150 «perfekt vorbereitete» russische Hooligans konnten sich nach den Krawallen einer Festnahme entziehen, sagte Robin. Die Russen waren der Überwachung offenbar entkommen, indem sie nicht mit dem Flugzeug in Marseille landeten. Inzwischen dürften sie weit weg sein – oder auf dem Weg zum nächsten EM-Spiel der Russen gegen die Slowakei am Mittwoch in Lille.
Auch in Grossbritannien wurden schwere Anschuldigungen erhoben. Der bei der britischen Polizei für die EM verantwortliche Offizier Mark Roberts sagte der Tageszeitung «Guardian», russische Hooligans hätten sich Zahnschutz und Kampfhandschuhe angezogen, bevor sie auf die englischen Fans losgegangen seien: «Wir wissen, dass einige Messer hatten, weil ein englischer Fan niedergestochen wurde.»
Neues Sicherheitskonzept und Alkoholverbot
Als erste Konsequenz hatte die Europäische Fussball-Union (UEFA) für die verbleibenden EM-Spiele das Sicherheitskonzept geändert und die Anzahl der Beamten und Ordner erhöht. Das gilt speziell für die Hochrisikospiele. Trotzdem gab es am Sonntagnachmittag im Pariser Prinzenpark eine Panne, als ein kroatischer Fan nach dem 1:0 durch Luka Modric gegen die Türkei auf den Platz gelangte, den Spieler umarmte und ihm einen Kuss aufdrückte.
An «sensiblen Orten» des Landes hat die Regierung zudem ein Alkoholverbot erlassen. «Ich habe die Anweisung gegeben, entsprechende Massnahmen einzuleiten», sagte Innenminister Bernard Cazeneuve.