Jetzt kommt Bewegung in die monatelange Regierungskrise Thailands. Das höchste Gericht hat Regierungschefin Yingluck Shinawatra wegen Verfassungsbruchs schuldig gesprochen. Sie muss ihr Amt niederlegen.
Die Versetzung eines hohen Beamten zugunsten eines Verwandten sei illegal gewesen, urteilten die Richter. Als Folge muss sie ihr Amt räumen.
Nebst der Regierungschefin hat das Gericht zusätzlich neun Kabinettsmitglieder des Amtes enthoben. Auch sie wurden des Verfassungsbruchs schuldig gesprochen, weil sie die Entscheidung Shinawatras zur Versetzung des Beamten mitgetragen hatten.
Das verbliebene Kabinett hat vorübergehend den Handelsminister mit der Regierungsführung beauftragt. Das hat die Regierungspartei Pheu Thai bestätigt. Der Handelsminister Niwatthamrong Boonsongpaisan ist in der Öffentlichkeit bislang völlig unbekannt.
Thailand droht neue Krise
Unter den entlassenen Ministern ist auch der Aussenminister Surapong Tovichakchaiku. Der Rest des Kabinetts bleibe im Amt, bis eine neue Regierung stehe, entschied das Gericht.
Das Urteil könnte Thailand in eine erneute Krise stürzen, nachdem sich monatelange teils gewaltsame Proteste von Regierungsgegnern gerade etwas beruhigt hatten.
Unruhen seit November
Die Opposition versucht seit November, Yingluck zu stürzen. Sie wirft ihr und ihrem Familienclan – allen voran ihrem 2006 gestürzten Bruder Thaksin – Korruption und Vergeudung von Staatsgeldern vor. Die Opposition möchte eine ungewählte Übergangsregierung einsetzen, die politische Reformen durchsetzt, um Amtsmissbrauch künftig zu verhindern.
Oppositionspolitiker zeigten die Ministerpräsidentin unter anderem vor dem obersten Gericht und der Antikorruptionsbehörde an. Die ausserparlamentarische Oppositionsbewegung PDRC besetzte seit November wochenlang Regierungsgebäude und legte Kreuzungen in Bangkok mit Massenprotesten lahm. Sie torpedierte die Wahlen am 2. Februar durch Einschüchterung von Kandidaten und Wählern. Der Wahlgang wurde später annulliert.
Thaksins sprechen von «Justizputsch»
Die in Thailand überwiegende arme Landbevölkerung steht hinter Yingluck und Thaksin. Die Anhänger und die Thaksins sprechen von einem «Justizputsch».
Die Opposition wird mehrheitlich von den wohlhabenderen Schichten gestützt, die bei Wahlen aber kaum eine Siegeschance haben. Thaksin-Anhänger haben Massenproteste angekündigt, wenn eine ungewählte Regierung ernannt wird.
Wer steckt hinter den Protesten in Thailand?
Rothemden – die Armen
Die Anhänger der Rothemden stammen zum Grossteil aus dem bevölkerungsreichen aber armen Norden Thailands. Sie sind Bauern, Händler und Polizisten. Von Yingluck Shinawatra erhofften sie sich eine Fortsetzung der Politik ihres Bruders Thaksin. Dieser kämpfte in seiner Amtszeit gegen Armut und Drogenbarone. Er investierte zudem in die Infrastruktur. 2006 wurde er wegen Korruptionsvorwürfen vom Militär gestürzt. Auch seiner Schwester Yingluck wurde immer wieder Korruption vorgeworfen. Unter anderem wegen einer Staatsgarantie für Bauern. Diese garantierte Reisbauern einen Verkaufspreis, der deutlich über dem des Marktes lag.
Gelbhemden – die Reichen
Die Gelbhemden unter Führung von Suthep Thaugsuban stellen aktuell die Opposition in Thailand dar. Die Anhänger stammen aus der thailändischen Mittel- und Oberschicht. Dazu gehören auch ranghohe Militärs und Beamte. Sie sind wohlhabend und königstreu. Gelb ist die Farbe des Königs, darum kleiden sich die Anhänger in entsprechende Hemden. Die Anhänger sind vor allem in der Hauptstadt, im Zentrum und im Süden des Landes stark. Sie werfen der Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra und ihrem «Clan» Korruption vor und stellten sich gegen die Parlamentswahl von Anfang Jahr. Sie fordern, dass vor einer demokratischen Wahl zunächst Reformen durch einen Volksrat umgesetzt werden.
Weisshemden – die Vernünftigen
Zwischen den verhärteten Fronten der Rothemden und der Gelbhemden stehen die sogenannten Weisshemden. Die Gruppe gilt als Stimme der Vernunft in Bangkok. Es handelt sich dabei aber nur um eine sehr kleine Bewegung, der vor allem Intellektuelle angehören.
Immer wieder Unruhen
In den vergangenen 80 Jahren kam es in Thailand immer wieder zu Unruhen. Insgesamt putschte das Militär in dieser Zeit 18 Mal. Die letzte Absetzung einer Regierung ereignete sich 2006. Damals jagte das Militär den damaligen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra aus dem Amt.