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Ein Mann sucht im Abfall nach Rezyklierbarem, im Hintergrund an der Wand ist ein Bild des Präsidenten.
Legende: Der tägliche Überlebenskampf: Vor einem Wahlplakat von Jacob Zuma sammelt ein Mann leere Flaschen ein. Keystone

International Südafrika gefangen im Schwarz-Weiss-Denken

Frustration macht sich breit in Südafrika – über den Stillstand, aber auch über die korrupte Elite. An ihrer Spitze: Präsident Jacob Zuma. Wird sich dies auf das Ergebnis der Parlamentswahlen niederschlagen? Vermutlich nicht: Denn mehr als die Politik zählt Hautfarbe und Geschichte – noch.

Zahllose Anschuldigungen wegen Korruption, Vetternwirtschaft und sogar Vergewaltigung – Südafrikas Präsident Jacob Zuma und politischer Überlebenskünstler hat sie alle überstanden.

Wahlen in Südafrika

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Am 7. Mai wählen die Südafrikaner ein neues Parlament. Es wird die fünfte Wahl der Volksvertretung seit dem Ende der Apartheid 1994. Seit 20 Jahren ist die von Nelson Mandela gegründete Partei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) an der Macht. Den Vorsitz hat der umstrittene Jacob Zuma inne.

Swimmingpool und Hühnerstall

Der jüngste Skandal dreht sich um Zumas Privatresidenz. Mit Steuern soll er sein Anwesen aufgemöbelt haben: Ein grosser Kuhstall, eine Hühnerfarm, ein Amphitheater und ein Swimmingpool. Gekostet habe dies 20 Millionen Franken, weiss SRF-Korrespondent Patrik Wülser. Die Aufrüstung erfolgte offiziell aus Sicherheitsgründen. Den Pool habe man dann – auf kritisches Nachfragen der Medien – eilig zu einem Feuerlöschbecken umfunktioniert.

Doch es war schon zu spät. Laut Wülser wurde eine Untersuchung eingeleitet. Der Bericht fiel kritisch aus: «Die Mehrheit der Bevölkerung in diesem Land kämpft immer noch täglich ums Überleben. Es ist deshalb stossend, wenn der Präsident und seine Nächsten ihre Position missbrauchen, um sich auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern. Sollten sich die Anschuldigungen bewahrheiten, müsste auch der Präsident zur Rechenschaft gezogen werden.»

Wut und Verzweiflung

Sein verschwenderischer Umgang mit Steuergeldern bringt die arme Bevölkerung zum Kochen. «Mit diesen Steuergeldern hätte man vielen Bürgern helfen können. Stattdessen leiden sie weiter, leben in Blechhütten ohne richtige Toiletten oder Strom.» Dies erfuhr Patrick Wülser von einer 24-jährige Südafrikanerin. Deren Vater ist im Befreiungskampf gefallen. Sie selbst wohnt in einer Blechhütten-Siedlung in Soweto.

Während des Besuchs wird der Afrika-Korrespondent Zeuge der Verzweiflung unter den Bewohnern. Scheiben klirren, ein Auto geht in Flammen auf. Ein wütender junger Mann schreit ins Mikrofon: «Wir sind hier, weil wir Wasser wollen. Wir sind nicht hier, um Krieg zu führen. Wir wollen einfach endlich einen Wasseranschluss. Wenn diese Regierung uns nicht zuhören will, dann müssen wir uns mit Gewalt bemerkbar machen.»

Der Zorn über die Missstände wird immer öfter auf die Strasse getragen. Die Proteste haben in den vergangenen Jahren zugenommen und sind gewalttätiger geworden. In keinem anderen Land ist gemäss Wülser die Kluft zwischen Arm und Reich so gross wie in Südafrika. Eine kleine Elite zählt sich zur Mittelklasse. Aber 80 Prozent der Bevölkerung profitiert nicht vom Reichtum.

Ein junger Mann mit einem Stein in der Hand geht an einer brennenden Barrikade vorbei.
Legende: Es kommt öfters zu gewalttätigen Zusammenstössen – wie hier in Bekkersalnear in der Nähe von Johannesburg (Okt. 2013). Keystone

Nach dem Leiden das grosse Fressen

Das ANC-Wahlplakat mit der Aufschrift «Für eine bessere Zukunft für alle» liest sich in den Augen der Township-Bewohner als reiner Zynismus. «Auf diese Zukunft warten sie seit 20 Jahren», so Wülser. Seit dem Ende der Apartheid sind viele ernüchtert über die ANC-Herrschaft.

Laut dem Afrika-Korrespondenten hat der ANC den Schritt von der Befreiungsbewegung zur Regierungspartei nicht geschafft. «Man hat den Eindruck, diese Leute haben Jahrzehnte gelitten und dann kam das grosse Buffet, an dem man sich bedienen konnte. Dieser Verlockung ist die Elite des ANC erlegen. Sie hat sich dann vor allem bereichert.»

Armut trotz Gold und Platin

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In Südafrika leben 48 Millionen Menschen – den grösser Teil bilden Schwarze (79 %), gefolgt von Weissen (8,9) und Mischlingen (8,9). Die Republik ist eines der reichsten Länder Afrikas und gilt als weltweit grösster Gold- und Platinproduzent. Trotzdem hat der Staat mit Armut, Arbeitslosigkeit (25 %), Kriminalität sowie Aids zu kämpfen.

«Born-free-Generation»

Wie fest wird diese Enttäuschung am nächsten Mittwoch bei den Parlamentswahl durchschlagen? Die 24-jährige Südafrikanerin, deren Vater im Befreiungskampf gefallen ist, wird den ANC nicht mehr wählen, wie sie Patrik Wülser sagte. Sie steht mit dieser Meinung nicht alleine da.

Viele Junge haben den Befreiungskampf nicht persönlich miterlebt. Die Rede ist von der «Born-free-Generation». Sie sind emotional nicht mehr so an den ANC gebunden wie ihre Eltern oder Grosseltern.

Doch trotz grosser Unzufriedenheit über soziale und politische Missstände: Die Bindung an Herkunft und Geschichte ist für eine Mehrheit der Südafrikaner noch zu gross. «Nicht die Parteiprogramme bestimmen, sondern die Hautfarbe. Der ANC wird immer noch assoziiert mit dem schwarzen Befreiungskampf und die Demokratische Allianz ist von Weissen dominiert», erklärt Wülser.

Zuma als Symbol der korrupten Führung des ANC

Insofern steht für viele Beobachter ausser Frage: Der ANC wird am kommenden Mittwoch bei den Wahlen einen Wahlsieg erringen und womöglich auch die Mehrheit erlangen. Doch die Oppositionsparteien sind gut aufgestellt. «Die Zeit wird kommen, wo sich Oppositionen unabhängig von der Hautfarbe etablieren können», vermutet der Afrika-Korrespondent. Politologen rechnen damit, dass dies in rund 10 Jahren der Fall sein werde.

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Für den Präsidenten Jacob Zuma könnte es trotz des vermuteten Wahlsieges ungemütlich werden. Er ist national und international zum Symbol für die korrupte Führung des ANC geworden. Laut Patrik Wülser sinkt sein Ansehen von Monat zu Monat. «Nach den Wahlen muss der ANC über die Bücher gehen. Die Partei muss bestimmen, ob Zuma noch haltbar ist.» Ob der Präsident jemals die veruntreuten Steuergelder wird zurückzahlen müssen, bleibt offen.

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