Viele sehen Donald Trump als Abrissbirne der westlichen Partnerschaft. Für ihn ist die EU ein Gegner oder gar ein Feind. Die Nato ist überflüssig, die Bündnispflicht fakultativ und die Allianzmitglieder sind Profiteure.
So stark rüttelte noch kein US-Präsident an der westlich geprägten liberalen Weltordnung. Die Glaubwürdigkeit der Nato ist daher angeschlagen, die Gruppe der G7-Staaten gar in ihrer Existenz gefährdet.
Weitaus mehr Einigkeit strahlen zurzeit die grossen nicht-westlichen Gruppierungen und Bündnisse aus: die Schanghai Kooperationsorganisation, eine Sicherheitspartnerschaft mit China und Russland als treibende Kräfte, sowie die Wirtschaftsgruppierung Brics (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika). Deren Staatschefs treffen sich von heute bis Freitag in Johannesburg.
Chinas Botschafter in Südafrika, Lin Songtian, kann sich im südafrikanischen Fernsehen SABC eine Spitze nicht verkneifen: Südafrika und die übrigen Brics-Staaten könnten sich auf die gute, solide Zusammenarbeit mit China verlassen. Und meint damit natürlich: Anders als die westlichen Staaten auf jene mit den USA.
Tatsächlich schweisst der Protektionismus des US-Präsidenten die Brics-Staaten zusammen. Besonders in Peking und Moskau freut man sich, wegen des Schwächelns des Westens fast von selbst viel mehr weltpolitischen Einfluss und Durchschlagskraft zu erhalten. Zumal die Brics 40 Prozent der Weltbevölkerung und 30 Prozent der Weltwirtschaft versammeln – schon das macht sie zum Machtfaktor. Dies zu unterschätzen wäre fahrlässig von den westlichen Ländern, sagt Cédric Dupont, Professor für internationale Beziehungen am Genfer Graduate Institute.
Doch wie eng und wie nachhaltig ist der Schulterschluss in der Brics-Gruppe und der Schanghai-Kooperationsorganisation? Schon lange gälten sie als Herausforderung für die G7 und die Nato, sagt Professor Louis Bélanger von der Universität Laval in Québec, wo im Juni der Eklat-Gipfel der G7 stattfand. Doch wirklich viel erreicht hätten jene Organisationen, die sich als Gegengewicht zum Westen verstehen, bisher nicht.
Auch Cédric Dupont relativiert ein Stück weit den Einfluss der Brics-Gruppe auf die globale Agenda. Ein Grund dafür: Während die westliche Partnerschaft seit Jahrzehnten erprobt ist, ist die Brics-Gruppe erst zehn Jahre alt. Und: Bei den G7-Staaten handelt sich um liberale, demokratische Rechtsstaaten. Die Brics jedoch bilden einen sehr heterogenen Klub: China und Russland werden autoritär regiert, Brasilien, Indien und Südafrika sind Demokratien, das sorge für interne Spannungen. Und während China und Russland weltpolitisch eine dominierende Rolle anstrebten, seien die anderen erheblich weniger ehrgeizig.
Dazu kommt: Die Brics-Gruppe und die Schanghai-Kooperationsorganisation werden klar von China dominiert. Je einflussreicher also diese Organisationen würden, umso mehr machten sich die übrigen Mitglieder zum Instrument zur Durchsetzung chinesischer Interessen. Das missfällt vor allem Indien, Pekings traditionellem Rivalen in Asien. Es dürfte auf Dauer auch die Russen stören, obschon man in Moskau zurzeit Differenzen zu Peking unter den Tisch wischt.
Dennoch: Der Einfluss der nicht-westlichen Organisationen steigt offenkundig, während jener der westlichen sinkt. Aber zur heimlichen Weltregierung, als die sich die G7 lange Zeit durchaus verstanden, werden die Brics kaum. Der weltweit aufflammende Nationalismus führt vorläufig eher dazu, dass die Zusammenarbeit in multilateralen Organisationen und Gruppierungen generell schwieriger wird.