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Verkehrsdelikte der Diplomaten
Aus Echo der Zeit vom 16.06.2020. Bild: Keystone
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Weniger Ärger mit Diplomaten Wenn der Aussenminister die Bussen verschickt

Verkehrssünder mit CD-Nummerschild halten sich meist für unantastbar. Das muss nicht sein, wie die Niederlande beweisen.

Was tun, wenn die Botschafterin oder der Konsul eine Verkehrsbusse nicht bezahlen will, weil er oder sie sich hinter dem Diplomatenstatus verschanzt?

Eine diffizile Frage. Denn das Nummernschild mit den beiden schwarzen Buchstaben CD – Corps Diplomatique - bedeutet für die meisten: Mir kann nichts passieren, ich bin immun, und wenn ich eine Busse bekomme, zerknülle ich sie einfach und werfe sie weg.

Der missbrauchte Schutz

Denn sie alle wissen: Der Wiener-Vertrag über diplomatische Beziehungen verbietet Sanktionen wie etwa das Abschleppen eines Botschafter-Wagens oder gar eine strafrechtliche Verfolgung wegen Fahrerflucht.

So ärgert man sich denn in vielen Städten dieser Welt über nonchalante und arrogante Diplomatinnen und Diplomaten, die die Regeln ihres Gastlandes einfach missachten.

Der untaugliche Versuch

In den Niederlanden beispielsweise versuchten es die Behörden jahrelang mit dem Anprangern von fehlbaren Botschaften. Sie machten publik, welches Land sich am meisten zuschulden kommen liess. Die Rangliste führten jeweils Russland und Georgien an.

Doch dieses «Naming and Shaming»“ zeigte so gut wie keine Wirkung. Nach wie vor wurden vor allem in Den Haag CD-Autos wild parkiert. Nach wie vor ertappten Polizisten betrunkene Diplomatinnen und Diplomaten am Steuer.

Die simple Lösung

Deshalb setzt man in der selbsternannten Stadt für Frieden und Gerechtigkeit jetzt seit einem Jahr auf die Post: Die fehlbaren Diplomatinnen und Diplomaten erhalten einen Brief vom niederländischen Aussenministerium. Darin wird höflich, aber bestimmt das begangene Verkehrsdelikt erwähnt. Dies verbunden mit der Bitte, freiwillig einen Betrag zu bezahlen, der der ordentlichen Verkehrsbusse entspricht.

Und siehe da: Fast die Hälfte – 49 Prozent aller Ertappten - haben das Bussgeld tatsächlich entrichtet. Auf diese Weise floss im letzten Jahr fast eine halbe Million Euro in die niederländische Staatskasse. Eine freudige Botschaft für Den Haag. Und das Corps Diplomatique habe auch noch positiv darauf reagiert, sagte ein zufriedener Aussenminister Stef Blok.

Der erstaunliche Nebeneffekt

Noch interessanter ist aber der Nebeneffekt der Briefaktion: All die Diplomaten, Richter und Chauffeure dieser CD-Karossen halten sich seither viel besser an die Regeln. Die Anzahl der diplomatischen Verkehrsregelverstösse halbierte sich innert Jahresfrist auf gut 15'000.

«Worin ein kleines Land gross sein kann» lautet der berühmteste Werbeslogan in den Niederlanden. Mit dieser simplen Aktion hat er sich einmal mehr bewahrheitet.

Echo der Zeit, 16.06.2020, 18:00 Uhr

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