«Merry Christmas», lautete vor 20 Jahren das erste SMS (Short Message Service) Welt. Der Software-Entwickler Neil Papworth verschickte die etwas verfrühten Weihnachtsgrüsse am 3. Dezember 1992 an das Handy eines Managers des britischen Telekom-Riesen Vodafone.
Den Text musste Papworth am Computer tippen: Die damaligen Handys waren dafür noch nicht bereit. Die zwei Worte von Papworth wurden zum Wegbereiter einer neuen Kommunikationskultur.
SMS als Cash-Cow
Die bis zu 160 Zeichen langen Nachrichten sind aus dem modernen Alltag nicht wegzudenken – obwohl es anfangs einige Zweifel am Erfolg gab, mussten die Buchstaben doch unbequem über die Zahlentastatur eingetippt werden.
Doch allein in den USA werden sechs Milliarden Kurzmitteilungen pro Tag versendet. Kein Wunder, dass SMS zum Goldesel der Mobilfunk-Konzerne wurde, auch wenn die einstigen 20 Cent pro Nachricht weitgehend Inklusiv-Tarifen gewichen sind.
Konkurrenz schläft nicht
Doch zum 20. Geburtstag ist unübersehbar, dass dem SMS mit dem Vormarsch der Smartphones und immer neuen Alternativen die Hoheit über mobile Text-Nachrichten immer mehr entgleitet.
Facebook mit mehr als einer Milliarde Mitgliedern hat einen eigenen kostenlosen Messenger. Der Dienst WhatsApp erfreut sich trotz aller Negativschlagzeilen über Sicherheitslücken ungebrochener Beliebtheit.
Und iPhone-Nutzer merken nur noch an der Farbe, ob sie gerade ein normales SMS oder eine Nachricht von iMessage verschickt haben.
Milliardenschwere Einbussen
Als Folge rechnet der IT-Branchenverband Bitkom in diesem Jahr nur mit einem relativ kleinen Wachstum von 55 auf 58 Milliarden verschickten SMS. Von 2010 auf 2011 war die Zahl noch um fast ein Drittel hochgesprungen. Weltweit dürfte die Zahl der verschickten Kurznachrichten in diesem Jahr um 13,6 Prozent auf 6,7 Billionen steigen, prognostiziert die Marktforschungsfirma Informa TM.
Marktforscher schätzen, dass knapp 14 Milliarden Dollar der Branche allein im vergangenen Jahr durch die Ausbreitung der neuen Online-Alternativen entgangen sind. Bis 2016 dürften sich die Einbussen demnach auf 54 Milliarden Dollar addieren.
Das ist viel Geld für ein Geschäft, das ständige Milliarden-Investitionen in den Netzausbau erfordert. Aber auch dann noch werden die rund 9,4 Billionen Kurznachrichten der Branche einen Jahresumsatz von 127 Milliarden Dollar bringen.
Smartphone-Industrie schlägt zurück
Die Netzbetreiber setzen auf den gemeinsam entwickelten Multimedia-Dienst Joyn, der auch Videotelefonie beherrscht. Sie wollen dafür ihre Schlüsselposition nutzen: Joyn, vermarktet als SMS-Nachfolger, soll auf möglichst vielen Geräten vorinstalliert werden. Zudem wird der Dienst tief in die Handy-Software wie etwa das Adressbuch integriert.
Vor rund zehn Jahren machte die Branche bereits einen Anlauf, mit MMS (Multimedia Messaging Service) die Kurznachrichten um Bilder und Videos zu ergänzen. Doch die Nutzung blieb vergleichsweise gering, auch wegen der höheren Tarife.
Neue Wortkreationen dank SMS
In der Ständig-Online-Ära sind die neuen Alternativen dem MMS überlegen. Technisch gesehen sind Kurznachrichten ohnehin ein Relikt. Der Grundstein wurde noch in den 80er Jahren bei der Entwicklung des GSM-Mobilfunk-Standards gelegt.
Die Beschränkung auf 160 Zeichen – 20 davon sind meistens technischer Kommunikation vorbehalten – ist der damaligen Technologie geschuldet.
Immerhin bereicherte der enge Raum die Sprache mit Abkürzungen wie «CU L8R» für das englische «bis später» oder «HDL» für «Hab' Dich lieb».