Als «Kassensturz» vor fünf Jahren vier Babymilchpulver im Labor nach den krebserregenden und erbgutschädigenden Stoffen 3-MPCD und Glycidol untersuchen liess, waren die Resultate ernüchternd: Alle Produkte enthielten einen Stoff oder gar beide, teilweise deutlich über den empfohlenen Höchstmengen.
In der Zwischenzeit gibt es in der Schweiz einen Grenzwert für Glycidol. Demnach darf Babymilch seit Anfang 2020 von diesem Schadstoff höchstens 50 Mikrogramm pro Kilogramm enthalten. Dieser Grenzwert gilt auch in der EU. Bei 3-MPCD nennt die Verordnung keinen Grenzwert für Babymilch. In der EU dagegen gilt ein Maximalwert von 125 Mikrogramm pro Kilogramm.
Laborresultate unter den gesetzlichen Grenzwerten
«Kassensturz» unterzog zusammen mit der Konsumentenzeitschrift «K-Tipp» zehn der meistverkauften Babymilch-Produkte im Labor einer Stichprobe.
Untersucht wurde, ob die Produkte die Glycidol-Grenzwerte der Schweiz und der EU einhalten und ob der EU-Grenzwert für 3-MPCD nicht überstiegen wird.
Alle Produkte halten die gesetzlichen Grenzwerte der EU ein. Dies gilt für 3-MPCD. Und bei sieben von zehn Produkten lag die Menge an Glycidol unter der Nachweisgrenze von 10 Mikrogramm pro Kilogramm. Bei drei Produkten konnte Glycidol nachgewiesen werden.
Glycidol ist unabhängig von einem Grenzwert bedenklich
Glycidol sei grundsätzlich problematisch, sagt Bernd Schäfer, Leiter Lebensmitteltoxikologie am deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung, denn «für solche krebserregenden und genverändernden Substanzen kann man keine sichere untere Wirkschwelle festlegen. Theoretisch könnte bereits ein Molekül das Erbgut so schädigen, dass es Voraussetzung bildet für die Entstehung eines Tumors». Darum hat «Kassensturz» Produkte abgewertet, die Glycidol enthielten.
Zentral bei der Entstehung von 3-MCPD und Glycidol sind die Herstellungsprozesse. Denn solche pflanzlichen Fette – und besonders Palmöl – sind ein wichtiger Bestandteil von Babymilchpulver. Tatsächlich haben die Verarbeiter von Ölen und Fetten seit einigen Jahren Anstrengungen unternommen, um die Gehalte an Schadstoffen zu senken.
Frank Möllering, Leiter Forschung und Entwicklung bei Nutriswiss hält fest, man habe durch strikte Sicherheitsmassnahmen während des Transports, eine ausgeklügelte Analytik der Laborproben und die Anpassung des Raffinationsprozesses allein schon den Gehalt von 3-MPCD um 60 Prozent senken können.
3-MPCD-Grenzwert für die Schweiz in Aussicht
Doch warum gibt es für den Schadstoff 3-MPCD in der Schweiz noch keinen Grenzwert? Mark Stauber, Leiter Lebensmittelhygiene beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, erklärt: Ein Schweizer Grenzwert für 3-MCPD in Babymilch sei in Griffnähe, «aufgrund des Rechtssetzungsprozesses wird das noch rund ein Jahr dauern.» Die Hersteller hätten versprochen, schon heute den zukünftigen Grenzwert einhalten.
Die Baby-Nahrungs-Branche zeigt sich grundsätzlich zufrieden mit den neusten Labor-Resultaten. «Ja, die Testergebnisse sind für uns sehr erfreulich. Sie zeigen die deutlichen Bemühungen der Hersteller, die Gehalte in den Produkten zu reduzieren. Heute sind damit alle Werte deutlich unter den Höchstwerten nach den europäischen und schweizerischen Gesetzen», sagt Karola Krell von der Swiss Association of Nutrition Industries.