Sie sind alt. Uralt. Und sie sind schweizerisch. Unsere Bräuche. Doch stimmt das wirklich? «10vor10» hat nachgefragt:
Mythos 1: Das Edelweiss-Hemd. Das Kleidungsstück der Schwinger und wackeren Sennen. Eine alte Tradition?
Nein. Der mythenbeladene Sennenstoff ist eine neumodische Erfindung. Immerhin aber erfunden in der Schweiz. «Der Edelweiss-Stoff ist gut 50 Jahre alt, er kommt also aus den 60er Jahren. Alles was vorher war, sah völlig anders aus. Ob vor 100 Jahren oder vor 1000 Jahren», sagt Folklore-Experte Martin Sebastian.
Mythos 2: Das Alphorn. Ein Instrument wie aus Urzeiten?
Nein. Genau so wie heute gab es das Alphorn früher nicht. Es ist eine moderne Schöpfung. «Das Alphorn, so wie wir es heute kennen, gibt es seit etwa 100 Jahren. Vorher gab es Hirtenhören, die waren etwa halb so lang und halb so dick. Sie sind einfacher zu konstruieren, aber schwieriger zu spielen», erklärt Sebastian.
Um das Jahr 1800 war das Hirtenhorn quasi ausgestorben: Ans erste Unspunnenfest 1805 kamen bloss zwei Alphornbläser. «Als man merkte, dass es um die damaligen Alphörner schlecht stand, hat man versucht das Alphorn oder diese Szene zu retten. Man hat Instrumente bauen lassen. Und man hat Lehrer beauftragt, interessierte Älpler zu unterrichten, welche dann auch diese Instrumente erhielten», sagt der Spezialist für Folklore.
Mythos 3 : Schwingen. Wer hat es erfunden?
Leider nicht die Schweizer. Auch in Senegal ist der Nationalsport ein Kleider-Ringen, hier heisst es «Lutte Senegalaise». Bis nach Korea ist Schwingen verbreitet – der Kampf Mann gegen Mann heisst hier «Sireaum». «Es gibt auf der ganzen Welt Schwingen oder Ringen. So wie der Sport in der Schweiz betrieben wird, ist es einfach eine spezielle Form», so Sebastian.
Manche Schweizer Traditionen mögen nicht ganz so exklusiv sein. Doch sie leben stärker denn je: Gerade weil sie sich immer wieder neu erfinden.