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Fragwürdiges Ersatzangebot Von wegen Garantie: Ersatzgerät soll etwas kosten

Ein Anbieter von Notfall-Uhren scheint seine eigenen Garantie-Bestimmungen nicht zu kennen.

Uhren, die im Notfall per Knopfdruck zum Telefon werden und ihre Träger sofort mit einer Notrufzentrale oder einer bestimmten Person verbinden – solche Uhren vertreibt das Schweizer Unternehmen Smartwatcher.

Ihr gebe diese Uhr Sicherheit, sagt eine Kundin: «Wo auch immer mir etwas passiert, kann ich Hilfe anfordern.» Und nachts könne sie die Uhr neben sich auf den Nachttisch legen. «Ich habe nämlich keinen Telefonanschluss im Schlafzimmer.»

«Faires Ersatzangebot»

Gekauft hatte die Seniorin die Uhr vor knapp zwei Jahren für rund 300 Franken. Hinzu kommen jährliche Abokosten von 360 Franken für die Notruf-Dienstleistung. Als sich die Uhr nun kürzlich nicht mehr aufladen liess, sandte die Kundin sie nach Zürich an den Hauptsitz von Smartwatcher. Dort stellte man einen «irreparablen Defekt» fest.

Das finde ich alles andere als ein faires Angebot – ich kann ja nichts dafür, dass es mein Modell nicht mehr gibt.
Autor: Smartwatcher-Kundin

Da dieser aber noch während der Garantiezeit aufgetreten war, liess man ihr ein «faires Ersatzangebot» zukommen: Ihr Modell vertreibe man zwar nicht mehr, sie könne aber zu einem Aufpreis von 50 Franken das neueste Modell kaufen.

«Das finde ich alles andere als ein faires Angebot – ich kann ja nichts dafür, dass es mein Modell nicht mehr gibt.» Doch auch auf Nachhaken der Frau bliebt Smartwatcher dabei. Es sei ihr überlassen, ob sie das Angebot annehme oder von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch mache.

«Espresso» ist an Ihrer Meinung interessiert

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Daraufhin wandte sich die Kundin an das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso»: Sie möchte wissen, ob es richtig ist, wenn Unternehmen im Garantiefall für ein Ersatzgerät Geld verlangen.

AGB sehen kostenlosen Ersatz vor

Laut Gesetz hat man im Falle eines Defekts Anspruch auf ein gleichwertiges Ersatzprodukt: «Einen Aufpreis muss man nicht akzeptieren», sagt «Espresso»-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner.

Die Krux: Unternehmen können die gesetzlichen Regeln in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschliessen und eigene Bestimmungen festlegen. Dies tut auch Smartwatcher. Doch auch dort heisst es: «Wenn der Garantieanspruch gerechtfertigt ist, kann Smartwatcher […] nach eigenem Ermessen entweder alle Mängel an der Ware beseitigen oder die Ware oder Teile davon kostenlos austauschen.»

Mit der Antwort von «Espresso» gerüstet, meldet sich die Kundin wieder bei Smartwatcher. Und siehe da: Das Unternehmen kommt ihr entgegen. Man habe ihre Anfrage noch einmal abklären können und werde ihr ein Ersatzgerät «ohne weitere Kosten zukommen lassen».

In einem Garantiefall prüfen wir solche Gebühren und verzichten gegebenenfalls darauf.
Autor: Smartwatcher

Die Kundin freut sich natürlich. Dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack: «Ich finde dieses Vorgehen nicht korrekt.» Smartwatcher habe es wohl einfach mal probieren wollen.

Smartwatcher will «Kommunikation anpassen»

Auf Anfrage schreibt Smartwatcher, man versuche «in keiner Weise, einfach zusätzliche Produkte zu verkaufen». Und: «Es tut uns leid, wenn eine Kundin diese Meinung vertritt.» Man werde nun die Kommunikation anpassen, «um sicherzustellen, dass wir in Zukunft nicht einen solchen Eindruck erwecken». Die Frage, weshalb es in diesem Fall eine plötzliche Kehrtwende gab, bleibt auch auf Nachfragen unbeantwortet: «Spezifische Kundeninformationen sind vertraulich.»

Die eigenen Geschäftsbedingungen will Smartwatcher offenbar so verstanden wissen, dass «das genau gleiche Uhrenmodell» kostenfrei ausgetauscht wird. Das Unternehmen gibt an, bestehenden Kunden regelmässig das neueste Uhrenmodell zu «geringen Upgrade-Gebühren» anzubieten. In einem Garantiefall «prüfen wir solche Gebühren und verzichten gegebenenfalls darauf».

Espresso, 10.05.22, 08:13 Uhr

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