Um sich in wenigen Minuten die Namen von einem Dutzend völlig unbekannten Personen zu merken, müsse man kein Genie sein, findet Gedächtnistrainer Gregor Staub. Auf die richtige Technik komme es an.
«Wenn ich jemand neues kennenlerne, fokussiere ich als Erstes auf etwas, das ich gedanklich nutzen kann», sagt Gregor Staub. «Etwa auf einen Schal mit Sternen, Locken oder einen Bart.» Der Ausgangspunkt für eine Eselsbrücke: So wird etwa der Bart von Pascal zu einem Fussballfeld, auf dem zwei sich einen Pass zuspielen. Und Pass klingt wie Pascal.
«Eine Diva, die etwas erleben möchte»
Je ausgefallener die Eselsbrücke, desto besser kann man sie sich einprägen. Das weiss Barbara Studer, Leiterin der Fachstelle Synapso für Lernen und Gedächtnis der Universität Bern: «Unser Gedächtnis ist eine Diva, die etwas erleben möchte.» Mit abstrakten Informationen kommt das Gehirn weniger gut klar.
Viel einfacher zu merken ist laut Barbara Studer: Konkretes und Erlebbares, möglichst mit Emotionen und Bildern. Je mehr Sinneseindrücke involviert sind, desto mehr Areale sind im Gehirn aktiviert. Dies wiederum sorgt dafür, dass etwas besser hängen bleibt.
Dieses Prinzip gilt nicht nur für Namen, auch Zahlen oder eine Einkaufsliste lassen sich so besser einprägen. Egal in welchem Alter.
Den biologischen Voraussetzungen trotzen
Nicht alle haben eine gleich gute Merkfähigkeit. «Die Welt ist nicht gerecht, da müssen wir uns nichts vormachen», sagt Barbara Studer. «Da gibt es einen biologischen Faktor.»
Trotzdem lässt sie die Ausrede, man habe ein schlechtes Namensgedächtnis, nicht gelten: «Entweder hat man ein trainiertes oder ein untrainiertes Gedächtnis.» Durch Lernen und Anstrengung könne man etwas verändern und die verschiedensten Fähigkeiten weiterentwickeln. Trainieren kann man das Gehirn mit Aktivitäten, die man oft wiederholt.
Ein Gegenstand, der uns im Alltag ständig begleitet: das Smartphone. Die Informationsflut trainiert das Gehirn laut Studer darauf, die Aufmerksamkeit sehr schnell vom einen auf das andere zu wechseln. Gleichzeitig verlieren wir die Fähigkeit, uns Dinge wie Telefonnummern zu merken. «Umso wichtiger ist es, im Alltag die Gedächtnisfähigkeiten einzusetzen», sagt Barbara Studer.
Bewegung bringt Sauerstoff ins Gehirn
Das Gedächtnis fit halten lässt sich nicht nur mit Methoden wie jenen vom Gedächtnistrainer Gregor Staub.
Auch Jonglieren fördert das Gedächtnis. Denn ein gutes Gedächtnis setzt ein gut funktionierendes Gehirn voraus. Studien zeigen Veränderungen im Gehirn, wenn man längere Zeit jongliert. «Eine sehr gute Übung, um visuelle und motorische Kontrolle zu trainieren. Koordination gehört dazu», sagt Valérie Bösch, Psychologin an der Universität Bern. Sie leitet Gedächtniskurse der Fachstelle Synapso und der Senioren-Uni für ältere Menschen, die ihr Gehirn fit halten wollen.
Einfache Bewegungs- und Hüpfspiele, wie man sie aus Kindertagen kennt, eignen sich offenbar besonders gut. Denn Bewegung, kombiniert mit kognitiven Herausforderungen, bringt Sauerstoff ins Gehirn.
Neben Gehirn und Körper trägt auch ein gesundes Gemüt zur Verbesserung des Gedächtnisses bei. «Uns fällt es im Alltag viel einfacher, uns auf Fehler, oder Dinge, die man nicht so gut gemacht hat, zu fokussieren», sagt Valérie Bösch. «Es hat sich gezeigt, dass solche Gedanken einen grossen Einfluss auf das Gedächtnis haben. Wenn man immer negative Gedanken hat, haben Studien gezeigt, hat man auch ein schlechteres Gedächtnis.»
Ein weiterer Faktor: Auch regelmässige soziale Kontakte helfen, das Gehirn jung zu halten.