Bereits am Anfang der Corona-Pandemie war klar: Covid-19 trifft Männer schwerer als Frauen. Weltweit sterben auch mehr Männer an den Folgen. Dass mehr Männer einen schweren Verlauf haben, ist auch Manuel Battegay schnell aufgefallen. Er ist Infektiologe am Universitätsspital Basel, wo 57 Prozent der hospitalisierten Patienten Männer waren.
«Zuerst denkt man an soziale Faktoren, dass Männer weniger gut zu ihrer Gesundheit schauen, wahrscheinlich etwas risikoreicher sind, sich weniger schützen und sich mehr exponieren», sagt Manuel Battegay. «Aber letztlich können wir mit sozialen Faktoren nicht alles erklären.»
Grundsätzlich leiden Männer auch mehr an den bekannten Risikofaktoren wie Übergewicht, hoher Blutdruck, Herz-Kreislauf-Problemen und an Atemwegserkrankungen, weil sie häufiger rauchen.
Hormone unter Verdacht
Neu kommt auch das Geschlechtshormon Testosteron ins Spiel. Ob dieses Hormon an einem schweren Verlauf mitschuldig ist, daran forscht Cathérine Gebhard, Gendermedizinerin an der Universität Zürich: «Bislang gibt es hauptsächlich Hypothesen. Aber aus früheren Epidemien, wie Sars 2002, wissen wir, dass das Virus durch Proteine in die Zelle gelangt. Und diese Proteine, so zeigen erste Studien, werden durch Östrogen und Testosteron beeinflusst.»
Wie sich die Hormone auf den Krankheitsverlauf auswirken, untersucht die Forscherin derzeit Gewebeproben von Mäusen auf die Rezeptoren, unterstützt vom Schweizerischen Nationalfonds.
Fern von geschlechtsspezifischer Therapie
Ausserdem wertet sie die Daten von 2000 Corona-Erkrankten in der Schweiz aus. Der Fokus der Studie: «Wir schauen besonders auf den Hormonstatus. Das heisst bei Frauen: Sind sie in der Menopause? Bei Männern: Nehmen sie Hormone oder Therapien gegen Prostatakrebs ein? Auch bei Frauen gibt es Therapien gegen Brustkrebs, die Östrogene hemmen», sagt Cathérine Gebhard und fügt hinzu: «All das wird uns wichtige Hinweise geben, wie Hormone den Krankheitsverlauf beeinflussen.»
Wenn man schon Studien macht, warum Frauen und Männer verschieden auf Covid-19 reagieren, braucht es auch Studien zu unterschiedlichen Therapien für Frauen und Männer. Das komme grundsätzlich in der Forschung zu kurz, kritisiert die Gendermedizinerin. «Wir sind nicht bereit für geschlechtsspezifische Therapien. Hier bräuchte es eine Therapie für die Männer und die haben wir nicht.»