1981
Erste Fälle: Es ist der 5. Juni 1981, als die amerikanischen «Centers of Disease Control and Prevention» (CDC) einen Bericht publizieren. Er befasst sich mit fünf homosexuellen jungen Männern, die – zuvor gesund – plötzlich an einer seltenen, schweren Lungenentzündung erkranken, aber auch an anderen Infektionen, die deutlich auf ein Versagen des Immunsystems hinweisen. Die Medien greifen das Thema noch am gleichen Tag auf. Einige Tage später überfluten Ärzte das CDC mit ähnlichen Patientenberichten. Bis zum Ende des Jahres sind 270 Fälle dieser schweren Immunschwäche bekannt, 121 von ihnen sind bereits tot.
1983
Virus entdeckt: Eine fieberhafte Suche nach dem Auslöser beginnt. 1983 dann die Klarheit: Das HI-Virus ist die Ursache, das «humane Immundefizienz-Virus». Es ist das Todesurteil für denjenigen, der es in sich trägt, denn es schwächt das Immunsystem derart, dass der Körper sich gegen Viren, Bakterien und Pilze, aber auch gegen entartete Zellen nicht mehr wehren kann – und schliesslich stirbt.
Doch es geht Schlag auf Schlag: Über die Patientengruppen – vor allem Schwule mit zahlreichen Sexualpartnern, Drogensüchtige, Bluter und Haitianer (von dort wurden wahrscheinlich die ersten Fälle in die USA eingeschleppt) – werden die Übertragungswege identifiziert. Die WHO wird aktiv, um das globale Dilemma zu überwachen und zu adressieren.
1985
Test und Präventionskampagnen: 1985 kommt der erste kommerzielle HIV-Test auf den Markt, Blutkonserven können nun ebenso wie Menschen schneller getestet werden – bis zur Gewissheit dauert es jetzt nur noch sechs statt zwölf Wochen. Präventionskampagnen laufen an. Europa folgt – jeweils nur mit kurzem Abstand.
1987
Erste Therapie: Als erstes Medikament gegen HIV liess die US-Arzneimittelbehörde FDA schon 1987 ein Medikament (Retrovir) zu, das zwei Jahrzehnte früher bereits als Krebsmedikament gescheitert war – es musste exakt alle vier Stunden eingenommen werden, auch nachts. Das Medikament wurde deshalb mit einem Wecker geliefert – heftige Nebenwirkungen inklusive. 1994 dann die grosse Ernüchterung: Die Substanz Azidothymidin, kurz AZT, hielt als alleinige Therapie nicht, was sie versprach, vor allem, weil sich Resistenzen bildeten.
Mitte der 1990er-Jahre gibt es einen ersten Hoffnungsschimmer für HIV-Positive: Sogenannte antiretrovirale Medikamente erhalten die Zulassung. Das bedeutete eine tägliche minutiöse Einnahme unzähliger Tabletten mit zum Teil beträchtlichen Nebenwirkungen – aber immerhin der Chance auf längeres Überleben.
1996
Kombinationsbehandlungen: Doch die Aids-Forschung nahm Tempo auf. Es wurden in kurzen Abständen antiretrovirale Medikamente zugelassen. Es zeigte sich, dass eine Kombinationsbehandlung Erfolge erzielte. 1996 dann der Durchbruch: die hochaktive antiretrovirale Therapie aus mindestens drei antiretroviralen Medikamenten aus zwei Wirkstoffklassen. Auch heute noch kommen immer neue Medikamente zur Zulassung - Patienten sind damit immer besser vor Resistenzen geschützt.
2018
Trügerische Sicherheit: Heute leben ungefähr 25‘000 Menschen in der Schweiz mit HIV – viele jedoch, ohne es zu wissen. Genau darin liegt die Gefahr: Laut Europäischem Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und der WHO wird jede zweite Diagnose erst in einem späten Stadium gestellt – im Schnitt drei Jahre nach der Ansteckung.
Die modernen, hochwirksamen HIV-Medikamente greifen aber nur so gut, wenn die Behandlung möglich schnell nach der Infektion beginnt, bevor es das Virus schafft, sich im Körper zu verbreiten. Dann ist die Virenlast im Körper heute häufig so gering, dass HIV nicht mehr nachweisbar ist, und Infizierte damit auch nicht mehr ansteckend sind – so lange sie ihre Medikamente zuverlässig einnehmen, ein Leben lang.
Weg ist das Virus dennoch nicht. Irgendwo im Körper schlummert es weiter, wenn auch in sehr geringer Menge. Kleine Erfolgsmeldungen sind trügerisch. Der «Berliner Patient» Timothy Brown wurde berühmt, weil seine Leukämie mit zwei Stammzelltransplantationen einer Person behandelt wurde, deren Zellen von Natur aus immun gegen HIV waren. Danach war er geheilt – auch von seiner HIV-Infektion.
Für die breite Menge der Infizierten ist das keine Option. Sie müssen sich mit der lebenslangen Einnahme der Medikamente arrangieren. Diese sind so gut, dass sie nach Ansicht vieler Mediziner gar nicht mehr verbessert werden können. Dennoch sind auch heute noch Nebenwirkungen oder Resistenzen möglich. Und langfristig gesehen erkranken HIV-Positive häufiger an Diabetes und bestimmten Krebsformen als HIV-Negative. Auch wenn die Sterbezahlen massiv gesunken sind: Kondome sind also auch heute noch der beste Schutz vor Aids.