Wenn die Sonne am kommenden Freitagmorgen um halb zehn Uhr quasi untergeht, speisen sämtliche Sonnenenergie-Anlagen praktisch auf einen Schlag keinen Strom mehr ins Netz. Für Bernd Jauch, den Verantwortlichen für Grossprojekte bei Transnet Baden-Würtemberg, einem der vier Netzbetreiber Deutschlands, eine Herausforderung: «Ich mag die Sonne sehr. Für den 20. März wünsche ich mir aber viele Wolken und Regen.»
Bei schönem Wetter können Solarzellen in Deutschland unterdessen fast 39 Gigawatt Strom produzieren, also hundert Mal so viel wie das Atomkraftwerk Mühleberg. Fallen die Solarkraftwerke so kurzfristig aus, müssen andere ebenso rasch einspringen – etwa Pumpspeicher-Wasserkraftwerke und Gaskraftwerke.
Schweiz indirekt betroffen
Die Schweiz ist direkt weniger betroffen, da die Photovoltaik hier noch eine viel geringere Rolle spielt als beispielsweise in Deutschland. Weil das schweizerische Stromnetz aber eng mit demjenigen der Nachbarländer verflochten ist, haben Schwankungen in deren Netzen indirekten Einfluss auf unsere Stromversorgung.
Im Kontrollzentrum des Schweizer Netzbetreibers Swissgrid in Laufenburg am Rhein laufen deshalb die Vorbereitungen auf den kommenden Freitag auf Hochtouren. Normalerweise behalten hier fünf bis sechs Mitarbeiter das Netz im Auge. Eine riesige elektronische Schweizer Karte gibt in Echtzeit den Überblick über alle Stromflüsse.
Reserve-Energie wegen Sonnenfinsternis
Sackt irgendwo im Netz die Stromzufuhr ab, sorgt ein Mitarbeiter umgehend dafür, dass ein anderes Kraftwerk einspringt. Das Ziel: das Schweizer Stromnetz so stabil wie möglich zu halten.
Sonnenfinsternis in der Schweiz
Der Leiter des Kontrollzentrums, Bernd Nordieker gibt sich zuversichtlich, dass das auch am Tag der Sonnenfinsternis gelingt. Seine Mittel: Zusätzliches Personal, alle möglichen Kraftwerke in Bereitschaft und ein noch engerer Austausch mit den Kollegen im Ausland.
Beziffern kann Bernd Nordieker die zusätzlichen Kosten, die beim Schweizer Netzbetreiber Swissgrid im Zusammenhang mit der Sonnenfinsternis anfallen, nicht. Swissgrid müsse immer Reserve-Energie einkaufen, um für Notfälle gerüstet zu sein. «Die Stromanbieter haben ihr Angebot erhöht, aber nicht zu überrissenen Preisen.»
Wasserkraftwerke als Sicherheit für die Zukunft
Wie viel Reserve-Energie dann effektiv vom Swissgrid-Kontrollzentrum aus ins Netz gesteuert werden muss, entscheidet das Wetter. Auch Bernd Nordieker studiert in den nächsten Tagen den Wetterbericht noch eingehender als sonst. Er gibt sich jedoch überzeugt, dass auch im schlimmsten Fall, bei wolkenlosem Himmel die Lichter in der Schweiz nicht ausgehen würden.
Sicherheit geben ihm die Wasserkraftwerke – die schnell und sauber ein- und ausgeschaltet werden können. Für ähnliche künftige Ereignisse sei es aber wichtig, «genügend Wasserkraftanlagen zur Verfügung zu haben, um darauf reagieren zu können».
Zur nächsten ähnlich hochgradig partiellen Sonnenfinsternis kommt es in Europa allerdings erst im Jahr 2081. Wie dann das europäische Stromnetz aussehen wird, steht heute in den Sternen.