Nun sind die Originalzeilen von Anne Franks Tagebuch frei zugänglich. Ein Universitätsdozent und eine Abgeordnete aus Frankreich haben es möglich gemacht. Sie verwiesen darauf, dass die Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod von Anne Frank im NS-Konzentrationslager Bergen-Belsen ausgelaufen sei. So sieht es auch das EU-Recht vor.
Anders sieht es allerdings der Anne Frank Fonds in Basel, der die Rechte an dem Tagebuch hält. Der Fonds hatte vorab mit rechtlichen Schritten gedroht, sollte das Tagebuch der Anne Frank ohne Erlaubnis veröffentlicht werden. Laut dem Fond, der von Annes Vater Otto Frank gegründet wurde, gilt eine 50-jährige Schutzfrist vom Zeitpunkt der Veröffentlichung an. Da der vollständige Text erst 1986 veröffentlicht worden sei, sei er noch bis 2037 urheberrechtlich geschützt.
«Bei diesem Text, diesem Zeugnis und was es darstellt (...) habe ich weiter die Überzeugung, dass es keinen anderen Kampf zu führen gilt, als den seiner Befreiung», rechtfertigte der Informationswissenschaftler Olivier Ertzscheid von der Universität Nantes in einem Vorwort die Veröffentlichung in seinem Blog. Es sei eine Würdigung dieses wichtigen Werkes, es ohne Beschränkungen zugänglich zu machen.
Gerichtsurteil in Amsterdam
Bereits am vergangenen Dienstag gab es im Streit um das Werk ein Gerichtsurteil in den Niederlanden: In Amsterdam entschieden die Richter, dass Texte aus den Tagebüchern von Anne Frank für wissenschaftliche Zwecke kopiert und veröffentlicht werden dürfen.
Die Amsterdamer Anne-Frank-Stiftung hatte gemeinsam mit der Königlichen Niederländischen Akademie der Wissenschaften eine Studie zu den Manuskripten gestartet und will diese auch veröffentlichen. Dafür wurden auch Originaltexte genutzt.
Anne Frank und ihr Tagebuch
Die von Deutschland in die Niederlande ausgewanderte jüdische Familie Frank hatte sich seit 1942 in Amsterdam in einem Versteck aufgehalten, um den Nazis zu entkommen. Während dieser Zeit bis zu ihrer Deportation schrieb die jugendliche Anne ihr Tagebuch, das nach dem Krieg entdeckt wurde.
Ihr Vater Otto Frank, der Auschwitz überlebte und erst 1980 starb, veröffentlichte 1947 Teile der Aufzeichnungen seiner Tochter. Einige Seiten zerstörte er allerdings. Das Tagebuch wurde inzwischen in 70 Sprachen übersetzt und mehr als 30 Millionen Mal verkauft.